Interview mit Eric Domege und Christian Roth

Die Brillendesigner Eric Domege (57 aus Frankreich) und Christian Roth (59 aus Deutschland) leben die meiste Zeit im Jahr in Miami. Sie sind beide Autodidakten, sehr neugierig und unermüdlich. Wie sie sich kennengelernt haben und wie die Idee zum Brillendesignen entstand, erzählten sie mir im Interview.

Bild von Christian Roth und Eric DomegeWie habt ihr euch kennengelernt?
Eric: Über gemeinsame Freunde in Paris in den späten 70ern. Wir waren beide noch sehr jung und gingen zur Schule. In den frühen 80-ern haben wir uns wieder in New York getroffen, dass damals ein Magnet für junge Kreative und Unternehmer war.

Wie kam es zu der Zusammenarbeit?
Christian: Eines Tages kam ich von einem Arbeitstag im Studio von Rico Pulmann zurück, bei dem ich übrigens die meisten Modeerfahrungen gesammelt habe. Am Morgen sollte ein Shooting mit einem berühmten Model stattfinden. Sie erschien müde, deshalb schickte mich der Stylist mit einem unlimitierten Budget los, um eine coole Sonnenbrille zu finden. Aber ich kam mit leeren Händen zurück, weil mir alles zu konservativ war. Ich dachte schon, nun bin ich gefeuert. Aber das ganze Team wusste, um meine Leidenschaft für Brillen, deswegen rieten sie mir, meine eigenen zu machen. Zuhause kamen wir zum Schluss, dass dies eine fabelhafte Idee sei. Seit dem Sommer 1982 arbeiten wir zusammen.

Wie wurdet ihr Brillendesigner?
Eric: Wir lieben beide Fashion, Kunst und Architektur. Damals fühlten wir, dass der Brillenmarkt bereit für einen neuen Trend war. Unser erstes Design, die «Serie A», war minimalistisch, sehr modern und ein avant-garde Konzept. Sie wurde eine Übernachtsensation und landete auf dem Cover von vielen internationalen Magazinen. WWD und Vogue U.S. gab uns eine unglaubliche redaktionelle Berichterstattung und einflussreiche Leute begannen unsere Designs zu tragen.

Christian: Den Beruf Brillendesigner gab es damals nicht. Wir haben es auf dem harten Weg gelernt und einfach unser Ding durchgezogen. Wir haben tausende Designs entworfen. Viele wurden Kult und von hochtalentierten Mode-Designern auf ihrem Catwalk getestet. So haben wir den Weg für Brillendesigns geebnet.Bild von einer Brille von Christian Roth und Eric DomegeWann habt ihr eure eigene Firma gegründet?
Eric: Im Frühling 1983. Es war eine komplett andere Zeit, weil du ein Unternehmen ohne viel Rücklagen starten konntest.

Wie werdet ihr für neue Kollektionen inspiriert?
Christian: Kürzlich haben wir uns wieder die Bauhaus Bewegung angeschaut, welche einst getrennte Themen, wie Architektur, Fotografie oder Kunst, in eine geeinte Kultur verwandelt hat. Unsere Kollektionen erstellen wir nach einem Konzept, dass wir «Deconstructed Bauhaus» nennen. Ein Versuch ein modernes Design mit einer zeitgenössischen Designphilosophie zu vereinen, die mal ironisch oder nostalgisch ist.

Eric: Kunst und Mode hatten schon immer Synergien, lange bevor wir angefangen haben. Mode wurde oft von Kunst inspiriert, wie zum Beispiel Schiaparelli durch den Surrealismus oder Yves Saint Laurent durch Piet Mondrian. Kunst repräsentiert oft Interpretationen von Formen und Farben, zwei Hauptelemente beim Brillendesign. Durch unsere lange Tätigkeit können wir auch immer ältere Designs ausgraben und diese neuinterpretieren. Und ja nicht zu vergessen sind unsere Kunden, die eine Inspiration für unsere Kunst sind.

Wie haben sich Brillen über die Zeit verändert?
Christian: Brillen wurden ein Kultprodukt. Sie sind eine Möglichkeit, sich von anderen Menschen zu unterscheiden. Jede Ära hat ihre eignen Modelle. Unbewusst wurden Wissenschaftler, Musiker oder Künstler Begründer dieses neuen Zeitgeistes. Brillen sind ein Modeaccessoire geworden, viele besitzen mehrere, was grossartig ist.Bild von einer Brille von Christian Roth und Eric DomegeWie hart ist der Wettbewerb auf dem Brillenmarkt und wie bleibt ihr dabei bestehen?
Eric: Es gibt unzählige Kollektionen. Nur wenige werden bedeutende Marken und bleiben bestehen. Der Brillenmarkt ist heute sehr lukrativ und konkurrenzfähig. Viele Fashiondesigners oder auch Berühmtheiten lancieren ihre eigene Brillenmarke. Der Markt ist riesig und wächst, demnach gibt es genügend «Platz» für gute Kollektionen mit hohen Standards. Andere werden realisieren, dass es mehr braucht als Instagram-Influencer, um ein langanhaltender, respektierter Brand mit treuen Followers und Fans zu werden.

Christian: Unsere Geschichte zeigt den Unterschied zwischen uns und anderen berühmten Brillenmarken. Wir haben schon Brillen designt, bevor andere Marken überhaupt eine Brillenlizenz hatten. Wir glauben ein Christian Roth Brillenrahmen ist, wie ein Stück Kulturgeschichte zu besitzen.

Was ist euer Lieblingsmaterial?
Eric: Ganz klar baumwollbasiertes Azetat und pures Titan von Japan. Die Materialqualität und das Design sind untrennbar.

Für wen designt ihr eure Brillen?
Christian: Jeder ist unser Traumkunde. Uns ist es wichtig, unsere Kunden nicht in Schubladen zu stecken. Die Kollektion ist für eine breite Kundschaft designt, der Einzigartigkeit, ursprüngliches Design, unkonventioneller Luxus und Qualität wichtig ist. Speziell die Millennials wollen einen unabhängigen Style, ohne Rassen-, Gender- oder Klassenfragen.Bild von einer Brille von Christian Roth und Eric Domege

Was sind die Trends für Frühling/Sommer 2019?
Eric: So viele Trends kommen! (Fast) alles kann man tragen. Zwei Trends stehen aber im Vordergrund: Die kleinen Brillengläser sind immer noch sehr in und die Adaption von Sportsonnenbrillen werden kommen.

Was war das grösste Kompliment, dass ihr für eure Arbeit erhalten habt?
Christian: Als ich, mit der Unterstützung der amerikanischen Vogue und zwei einflussreichen amerikanischen Designern, eingeladen wurde der CFDA (Council of Fashion Designers of America) 1990 als erster Brillendesigner beizutreten. Bis dahin waren Brillen keine Modekategorie. 2014 wurde ich ein Gründungsmitglied der Brillendesigner des CFDA – edCFDA – und bin ihr Sprecher.

Eric: 2002 wurden unsere Designs bei der Triennale di Milano Exhibition «Taking Eyewear Seriously» geehrt. Die Ausstellung wurde vom italienischen Kulturministerium gesponsert. Unsere Kreationen repräsentieren exklusiv die Sonnenbrillentrends der letzten zwanzig Jahre.Bild von Christian Roth, Eric Domege und mir

Bilder: Christian Roth und Eric Domege, Eduardo Ford und Daphne Chaimovitz

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