Interview mit Julie Delpy

Am diesjährigen Zurich Film Festival stellte Julie Delpy (49) ihren neuen Film «My Zoe» vor. Dabei spielte sie nicht nur die Hauptrolle, sondern war auch Drehbuchautorin und Regisseurin. Im Interview erzählt sie, weshalb ihr dieser Film so wichtig war und wieso man nicht nicht über den Film diskutieren kann.

Bild von Julie Delpy

Wie glücklich bist du, dass du diesen Film gedreht hast?
Es war gut den Film zu machen. Aber ich muss dir sagen, es war keine leichte Aufgabe. In der letzten Minute fanden wir einen amerikanischen Investor, sonst wäre der Film eine Woche vor den Proben gestorben. Die Dreharbeiten waren sehr schwer. Ich habe so viel geweint. Ich kam zurück nach LA und brauchte sechs Monate, um mich zu erholen. Dieser Film war physisch sehr anspruchsvoll für mich.

Wie kam dir die Idee zu diesem Film?
Ich hatte vor 25 Jahren einen Gedankenblitz bezüglich des Themas Elternsein, Schicksal und gegen das Schicksal kämpfen. Ich habe Eltern gesehen, die ihre Kinder verloren haben und nie das Gesicht und die Augen dieser Eltern vergessen. Als ich Mutter wurde, wurde mir neben der immensen Freude, auch die ständige Angst bewusst, die man um sein Kind hat. Wenn du ein geteiltes Sorgerecht hast, musst du natürlich auch lernen Kontrolle abzugeben und loszulassen für die Zeit, in der dein Kind nicht bei dir ist.

Der Film zeigt aber das genaue Gegenteil, dass sie Zoe um jeden Preis behalten will.
Genau, der Film geht noch eine Stufe weiter, am Ende ist es ja IHRE Zoe. Die Geschichte ist sehr radikal und der Film wird nicht allen gefallen. Es ist die Reise dieser Frau, die einen radikalen und moralisch bedenklichen Weg wählt, um ihr Kind zurückzubekommen.

Hast du jetzt mehr Angst um dein Kind?
Ja, und ich dachte, der Film würde mich befreien. Aber ganz im Gegenteil ich habe noch schlimmere Bilder im Kopf als vorher. 

Welches Thema war dir in diesem Film besonders wichtig?
Ich wollte einen Film machen, der wahrheitsgetreu bei einem Sorgerechtsstreit ist. Mir war es wichtig zu zeigen, wie Menschen reagieren, wenn sie sich betrogen fühlen. Im Falle des Exmanns James (Richard Armitage), der sehr grausam und brutal in seiner Wortwahl wird. Meine Gefühlswelt in meinem eigenen Sorgerechtsstreit auf die Leinwand zu bringen war unmöglich, es wäre zu umfangreich geworden. Es hat sich für mich angefühlt, als ob mir das Muttersein und mein Kind weggenommen würden. Ich musste mich wieder neu als Mutter definieren. Deswegen machte ich ein Fantasyfilm, weil ein Realistischer nicht einen Bruchteil meiner Gefühle hätte wiederspiegeln können und was ich durchmachen musste.

Bild aus dem Film My Zoe

Hat sich Isabelle je Gedanken gemacht, wie Zoe reagieren würde, wenn sie erfahren sollte, dass sie ein Klon ist?
Interessanterweise, wenn du ein Kind fragst, dass noch jung genug ist und noch nicht von religiösen oder soziologischen Aspekten beeinflusst wurde, erscheint das Konzept des Klonens nicht so schlecht. Die finden das cool, ein zweites Ich zu haben. Als ich meinem Sohn versucht habe, die moralischen Bedenken des Klonens zu erklären, hat er es nicht verstanden. Die Kinder denken einfach ganz anders als wir. Wenn man von einer Eizelle einen Zwilling macht, ist es eigentlich genau dasselbe, nur dass die Person vorher nicht gestorben ist.

Wie nah sind wir am menschlichen Klonen?
Sehr nah. Natürlich gibt es viele Vorschriften und Regeln, aber es passiert schon bei Embryozellen. Zum Beispiel für die Stammzellenforschung. Die Forscher drängen die Politik Gesetze bezüglich des Klonens zu erlassen, damit die Welt vorbereitet ist. Es ist auch ein Ziel nur bestimmte Organe zu klonen, wenn zum Beispiel ein Mensch an Krebs erkrankt. Wenn es keinen Fortschritt in der Forschung geben würde, wären wir alle mit 25 tot oder an unheilbaren Krankheiten schon früher gestorben. Mit diesem wissenschaftlichen Fortschritt haben wir ja auch kein Problem. Vielleicht lachen die Leute in 40 Jahren über das Klonen und sagen, was ist schon gross dabei, weil es so normal geworden ist.

Was ist deine Meinung zum Klonen?
Ich bin nicht pro Klonen. Ich denke, dass ein Kind zu klonen keine gute Idee ist. Aber wenn du über dieses Thema nachdenkst und den menschlichen Aspekt miteinbringst, den Schmerz über den Verlust eines Kindes und dann die Möglichkeit des Klonens ins Spiel bringst, fällt es schon nicht mehr so einfach ganz klar zu urteilen. Tue ich das Richtige oder ist es moralisch falsch? Ich glaube, am Schluss wird es eine persönliche Glaubensfrage.

Bild von Julie Delpy

Die Gadgets im Film sind auch aus der Zukunft. Woher hattest du die Ideen dafür?
Vor Drehbeginn war ich in China und habe dort mit Wissenschaftlern gesprochen. Sie haben mir geraten an mein Zuhause vor 20 Jahren zu denken und wie sich die Technologie geändert hat. Mein Auto ist physisch gesehen das gleiche geblieben, aber die Wissenschaft ändert sich und so auch die Gadgets. Ich wollte keine fliegenden Autos, aber ein wenig zukunftsorientiert musste es schon sein, so dass es nur shared cars gibt. In China wurde mir ein ganzer Screen gezeigt, denn man wie Papier zusammenfalten kann. Meine Ideen sind also nicht aus der fernen Zukunft.

Wieso wolltest du Daniel Brühl als Arzt?
Daniel ist sehr witzig und kompetent, deswegen wollte ich ihn für diese Rolle. Ärzte sind immer ein bisschen emotional distanzierter. Dr. Fischer im Film ist der künstlichen Befruchtung nicht abgewandt, deswegen wendet sich Isabelle auch an ihn. Weil sie ihn bei seinem Ehrgeiz packt, kriegt sie ihn auch dazu mitzumachen. Er ist ein bisschen wie Dr. Frankenstein.

Wie war die Stimmung am Set?
Als Regisseurin war ich ja dafür verantwortlich. Richard ist sehr methodisch und bleibt zwischen den Szenen in der Rolle, was super ist für mich. Daniel ist das genaue Gegenteil, er macht gerne Witze. Ich passe mich dem jeweiligen Schauspieler an und mache, was immer dem Film hilft.

Bild von Richard Armitage, Julie Delpy und Daniel Brühl

Bilder: Andreas Rentz/Getty Images for ZFF, © 2019 Warner Bros. Ent. All Rights Reserved.

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