Interview mit Coop

Mir liegen die Tiere und Tierrechte sehr am Herzen. Aufgrund des Interviews mit Silvano Lieger von Sentience habe ich beschlossen, die beiden grössten Player auf dem Markt des Detailhandels – Coop und Migros – für ein Interview anzufragen. Sie teilen sich zusammen 80% des Marktanteils. Um es mit meinem Lieblingszitat aus den Filmen von Spiderman zu sagen: «With great power comes great responsibility». Deswegen nahm es mich wunder, was sie genau machen bzw. machen werden, damit es den Tieren in der Landwirtschaft besser geht oder wann die pflanzlichen Alternativen günstiger als die tierischen werden. Ich hätte gerne die Antworten der beiden Detailhändler gegenübergestellt, aber leider hat Migros nicht alle meine Fragen beantwortet.

Bild des Coop Logos

Wann werden die Preise für die veganen Produkte günstiger als für die tierischen? Insbesondere, weil es ja ein Ziel von Ihnen ist, die Nachhaltigkeit zu fördern und dem Klimawandel Einhalt zu gebieten. Die Preise waren ja auch schon vor der Teuerung höher.
Coop hat bereits die Preise von zahlreichen tierischen Ersatzprodukte gesenkt und wird dies auch in Zukunft weiterhin tun. Seit 2021 beispielsweise haben wir umfassend in die Preise von Fleischersatzprodukten investiert und bei unserer Eigenmarke Délicorn sowie diversen Markenprodukten von The Green Mountain, Planted und Beyond Meat Preisanpassungen vorgenommen. Unter unserer Tiefpreislinie Prix Garantie bieten wir ebenfalls zahlreiche pflanzenbasierte Alternativen an.

Wieso nehmen Sie nicht die Billigprodukte von Prix Garantie bei Fleisch, Eier (aus Bodenhaltung), Fisch etc. komplett aus dem Sortiment und korrigieren bei der höheren Qualität wie Bio die Preise nach unten? So erhalten die Konsument*innen bessere Produkte und kaufen würden sie es ja immer noch. Somit leisten Sie einen aktiven Beitrag für Umwelt, Tier und Mensch.
Coop steht für mich und dich. Das bedeutet, dass wir mit unserem Vollsortiment den Kundinnen und Kunden auch für verschiedene Budgets eine Auswahl bieten. Unsere Prix-Garantie-Produkte sind bei unseren Kundinnen und Kunden sehr beliebt.

Sie sagen, dass Ihnen das Tierwohl sehr wichtig ist, dennoch gibt es immer wieder Skandale wie gerade bei Optigal (Migros). Wie kann denn das noch geschehen? Und was genau unternehmen Sie, wenn Sie darauf aufmerksam gemacht werden? Wird der Vertrag mit diesem Betrieb fristlos gekündigt?
Coop engagiert sich seit vielen Jahren für hohe Tierwohlstandards und ist führend in diesem Bereich. Unsere Richtlinie für nachhaltige Beschaffung gibt die Mindestanforderungen an das Tierwohl für das gesamte Marken- und Eigenmarkensortiment vor. Zusammen mit dem Schweizer Tierschutz haben wir ausserdem eigene Tierhaltungsprogramme entwickelt. Produkte unserer Eigenmarke Naturaplan erfüllen die strengen Knospe-Richtlinien der Bio Suisse. Fleisch und Eier von Naturaplan stammen von Tieren aus Auslauf- und Freilandhaltung. Mit Pionierprojekten wie dem Zweinutzungshuhn und dem CO2- neutralen Geflügelstall setzen wir zusätzlich auf besonders nachhaltige Lösungen. Im Rahmen unserer Nachhaltigkeitsstrategie verfolgen wir dieses Engagement konsequent weiter. Bis 2026 haben wir uns zum Ziel gesetzt, dass 90 Prozent unserer tierischen Produkte aus einer Produktion mit Mehrwerten hinsichtlich Tierwohl stammt. Zudem haben wir für die gesamte Coop-Gruppe Produkte definiert, die in unseren Sortimenten verboten sind.

Wird unsere Richtlinie für nachhaltige Beschaffung nicht eingehalten, suchen wir das Gespräch mit den betroffenen Lieferanten. Je nach Ausmass des Verstosses beenden wir die Zusammenarbeit.

Jetzt Petition: Eine Migros ohne Qualzucht unterschreiben

Bild eines Huhns in der Qualzucht von Optigal Migros

Wie begründen Sie diese Aussage von Silvano Lieger, Geschäftsführer von Sentience: «Falls der Detailhändler dann nicht alles unter Bio verkaufen kann und das Fleisch ins konventionelle Sortiment gibt, kriegt der Bauer auch nur diesen Preis und nicht mehr den für Bio». Das hat mich sehr schockiert. Ich kann auch nicht einfach einen Teil von meinem Einkauf zurückbringen, wenn ich nicht alles aufessen konnte. Es ist ja nicht das Problem des Bauern, wenn der Grosshändler nicht alles unter Bio verkaufen konnte. Wieso handhaben Sie das so?
Das ist nicht korrekt. Der Bauer kennt im Voraus den Preis, den er für ein Tier erhält. Es gibt keine nachträglichen Abzüge. Können allfällige Teilstücke nicht unter dem Bio-Label vermarktet werden, geht das immer zu Lasten von Coop, nie zu Lasten des Bauern. Coop fördert Label-Produkte, in dem sie beispielsweise deutlich mehr Aktionen auf Label-Fleisch durchführt als auf konventionellem. In der Schweiz führen wir den höchsten Label-Anteil im Sortiment.

Wieso verkaufen Sie Bio zu einem viel höheren Preis als Sie ihn einkaufen? Es würden bestimmt mehr Menschen Bio kaufen, wenn die Preise nicht so hoch wären.
Coop verdient an Labelprodukten nicht mehr als an konventionellen. Wir setzen uns stets für attraktive Preise für unsere Kundinnen und Kunden ein. Wie bereits erwähnt, führt Coop deutlich mehr Aktionen auf Labelfleisch durch als auf konventionellem Fleisch und bietet wöchentlich attraktive Angebote.

Uns ist es gleichzeitig sehr wichtig, dass alle Schritte, die Labelfleisch-Produkte auf ihrem Weg in den Laden durchlaufen, fair abgegolten werden. Dazu gehören unter anderem strengere Produktionsrichtlinien, die Warenflusstrennung, die Zertifizierungen und Kontrollen, die Sicherstellung der Rückverfolgbarkeit sowie höhere Verarbeitungs- und Vertriebskosten, beispielswiese durch spezifische Verpackungsvorgaben und letztlich Vermarktungsmassnahmen zur Förderung von Labelprodukten.

Wie investieren Sie in die Alternative In-Vitro-Fleisch?
Wir sind am Start-up Mosa Meat beteiligt, das In-Vitro-Fleisch entwickelt.

Bild zum Interview mit Ann Bachmann vom Lebenshof Tiermensch
Glückliches Säuli auf dem Lebenshof Tiermensch

Was genau unternehmen Sie, um den Fleischkonsum zu senken? Eine Möglichkeit und Forderung waren, dass es bei Tierprodukten keine Aktionen mehr gibt. So wird auch die Tierwürde, die ja im Gesetz verankert ist, mehr gewahrt. Werden Sie dies umsetzen? Und falls nein, wieso nicht?
Wir richten uns grundsätzlich nach den Bedürfnissen unserer Kundinnen sowie Kunden. Coop führt aktuell schweizweit über 1800 vegetarische oder vegan gekennzeichnete Produkte im Sortiment, davon sind über 1500 vegane Produkte. Darunter bieten wir über 100 pflanzenbasierte Fleisch- und Fisch-Alternativen. Im Schweizer Detailhandel führt Coop die grösste pflanzenbasierte Auswahl. Im Bereich der pflanzenbasierten Produkte leistet Coop weiterhin Pionierarbeit und ist bemüht, aufgrund der hohen Nachfrage in allen Bereichen exklusive Produktneuheiten ins Sortiment aufzunehmen und die Sortimentsvielfalt auch in Zukunft laufend auszubauen. Wir beobachten den Markt genau und verfolgen, welche neuen Trends und pflanzenbasierten Produkte entwickelt werden. Unsere Kundinnen und Kunden sollen bei Coop immer ein aktuelles, innovatives und qualitativ hochwertiges Sortiment finden. Viele unserer vegetarischen Produkte werden von der Hilcona AG in der Schweiz produziert. Sie ist Mitglied der Bell Food Group und hat mit einer Nassextrusionanlage der neuesten Generation soeben eine grössere Investition in diesem Bereich getätigt.

Unsere Kundinnen und Kunden informieren wir unter anderem in der Coopzeitung laufend über unser Angebot und den nachhaltigen Konsum. Dabei legen wir Wert auf eine faktenbasierte Kommunikation. Wir orientieren uns bei den Aktionen im Fleischsortiment an den Bedürfnissen unserer Kundinnen und Kunden. Coop ist es dabei wichtig, das gesamte Tier zu vermarkten und Food Waste zu vermeiden. Wir fördern zudem als Pionierin den nachhaltigen Konsum seit vielen Jahren. Dies mitunter durch eine Vielzahl von Aktionen auf nachhaltiges Label-Fleisch. Das Thema «nose to tail» greifen wir auch mit diversen Rezepten und Tipps auf.  

Im Zuge der Nachhaltigkeit würden Sie oder unterstützen Sie schon Lebenshöfe, bei dem Bauern aus der konventionellen Landwirtschaft ausgestiegen sind, auf eine Bio vegane umgestellt haben und die Tiere einfach ihr Leben leben und in Ruhe gelassen werden?
Wir können uns durchaus vorstellen, dereinst Produkte von solchen Betrieben zu beziehen, sofern Qualität, Preis und Menge unseren Anforderungen entsprechen.

Danone hat in Frankreich gerade 200 Milchbauern entlassen und setzt eine seiner grössten Fabriken auf Hafermilch um. Dies ist sicher erst der Anfang, andere werden nachziehen. In welchem Bereich von pflanzlichen Alternativen setzen Sie gerade Ihr Augenmerk und wie werden Sie die Bauern unterstützen? Helfen Sie ihnen bei der Umstellung, um das Beispiel von oben zu nehmen, beim Anbau und der Verwertung von Hafer?
Coop fördert die gesamte Bandbreite von pflanzlichen Alternativen. Wir bieten aktuell über 100 pflanzenbasierte Fleisch- und Fisch-Alternativen, mehr als 50 Milch-, 30 vegane Joghurt-, 20 Butter- und rund 20 vegane Käsealternativen an.

Schweizer Produkte haben für Coop Priorität. Sind gewisse Rohstoffe in der Schweiz nicht in ausreichender Quantität oder Qualität verfügbar, werden diese aus dem nahen Ausland importiert. Wir sind bestrebt, den Anteil an Schweizer Rohstoffen bei den Produkten unserer Eigenmarken Yolo, Karma und Délicorn stets weiter zu erhöhen, dies gilt auch für Hafer und Soja.

Bild der pflanzenbasierten Produkte von Coop

Ein Punkt der Initiative gegen Massentierhaltung wäre gewesen, dass keine Tiere oder Tierprodukte, die nach in der Schweiz verbotenen Produktionsmethoden erzeugt wurden, hätten importiert werden dürfen. Wie ist Ihre Strategie für die nächsten Jahre? Würden Sie als Vorzeigebeispiel vorangehen und solche Produkte aus dem Sortiment kippen? Das Tierwohl, das Ihnen ja am Herzen liegt, ist da null gegeben wie zum Beispiel bei Stopfleber!
Coop engagiert sich seit vielen Jahren für hohe Tierwohlstandards und ist führend in diesem Bereich. So verzichten wir beispielsweise seit 20 Jahren auf den Import und Verkauf von Produkten wie Stopfleber. Unsere Richtlinie für nachhaltige Beschaffung gibt die Mindestanforderungen an das Tierwohl für das gesamte Marken- und Eigenmarkensortiment vor. Informationen zu unserem Engagement.

Wie können Sie Tierschützer*innen, Tierrechtsaktivist*innen, Veganer*innen unterstützen, um mehr Bewusstsein zu erlangen sowie Ihnen im Veränderungsprozess zur Seite zu stehen? Würden Sie so eine Unterstützung auch annehmen?
Mit den verschiedenen Anspruchsgruppen sind wir in Kontakt, wie beispielsweise am Stakeholder-Forum von Coop. Wir unterstützen, indem wir unsere Kundinnen und Kunden unter anderem in der Coopzeitung laufend über unser Angebot und den nachhaltigen Konsum informieren. Zudem bauen wir unser Sortiment an pflanzenbasierten Ersatzprodukten stetig aus.

Bilder: Coop Genossenschaft, Tier im Fokus (TIF), Daphne Chaimovitz

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