Interview mit Pascal Bieri

Pascal Bieri (37) aus Sursee gründete 2019 mit Christoph Jenny (37), Lukas Böni (37) und Eric Stirnemann (33) Planted Foods. Als Veganerin nahm es mich natürlich besonders wunder, was für Technologien verwendet werden und wieso sie Planted gegründet haben. Mein absolutes Lieblingsprodukt ist planted.pulled Spicy Herbs, das von Pascal erfährst du im Interview.

Bild von Pascal Bieri Planted Foods

Wer steckt hinter Planted?
Bis 2017 war ich beruflich in den USA tätig und wurde auf verschiedene Fleischersatzprodukte aufmerksam, bei denen mich jedoch die vielen Inhalts- und vor allem Zusatzstoffe störten. Ich holte meinen Cousin Lukas Böni ins Boot, der gerade dabei war, seinen Doktortitel in Lebensmittelverfahrenstechnik abzuschliessen. Über Prof. Erich Windhab an der ETH Zürich kamen wir mit dem ETH-Doktoranden Eric Stirnemann zusammen, der mit dem Verfahren der Nassextrusion besonders vertraut war. Komplettiert wurde das Team durch Christoph Jenny, einen Freund und Finanzfachmann, der zu diesem Zeitpunkt bereits viel Erfahrung unter anderem auch in der Foodservice-Industrie gesammelt hat. 2019 wurde Planted dann gegründet.

Wieso habt ihr Planted gegründet?
Wir kreieren köstliches Fleisch aus pflanzlichen Proteinen und konzentrieren uns dabei auf den perfekten Biss und Geschmack. Biss für Biss wollen wir die negativen Auswirkungen der traditionellen Fleischindustrie auf unseren Planeten reduzieren und gleichzeitig gesunde und schmackhafte Proteine liefern. Unser pflanzenbasiertes Fleisch wird nur aus natürlichen Zutaten hergestellt, enthält keine Zusatzstoffe und rettet Tierleben.

Die wachsende Bevölkerung, eine steigende Lebenserwartung sowie ein höheres Einkommen sind die Hauptgründe für die weltweit steigende Nachfrage nach Fleisch. Doch die aktuelle Grössenordnung der Fleischindustrie ist alles andere als nachhaltig – wir möchten das ändern. Unser wissenschaftlich orientiertes Team ist hungrig nach Veränderung und so wird in der Planted-Fabrik und den wissenschaftlichen Laboren in Kemptthal hart daran gearbeitet, die Lebensmittelkette zu revolutionieren.   

Bild von Pascal Bieri, Christoph Jenny, Lukas Böni und Eric Stirnemann Planted Foods

Wie lange lebst du schon vegan oder wieso nicht? Und ist es dann nicht widersprüchlich ein veganes Produkt zu verkaufen?
Mindestens im Januar esse ich einen Monat lang vegan und freue mich auf den Veganuary. Ansonsten lebe ich zu Hause vornehmlich vegan, unterwegs vegetarisch oder je nach Situation auch mal flexitarisch.

Sind alle Mitarbeitenden Veganer? Ist euch das wichtig? 
Nein, wir stellen unser Team nach Fähigkeiten zusammen, nicht nach Essgewohnheiten. Man merkt allerdings schon, wie sich die Ernährungsgewohnheiten in Richtung pflanzlich umstellen, wenn man bei Planted arbeitet.  

Eine schöne Entwicklung! Was ist die Philosophie der Firma?
Die derzeitigen Technologien und Lösungen für pflanzliches Fleisch sind nicht in der Lage, mehr als 1 bis 3 % des Fleischkonsums zu ersetzen. Deswegen haben sie nicht den erforderlichen Einfluss auf unser Ernährungssystem. Konsument*innen begründen dies mit mangelndem Geschmack, einem insgesamt unattraktiven Preis und fragwürdigen Inhaltsstoffen. Damit Fleischesser umsteigen, ist es entscheidend, dass wir «besseres Fleisch als die Tiere selbst» herstellen. Genau gesagt: besseres Geschmackserlebnis, günstigerer Preis, geringere Umweltauswirkungen, gute Zutaten und Gesundheit. Die Parameter Geschmack, Umweltauswirkungen, Tierschutz, Preis aber auch die Gesundheit stehen bei uns immer im Mittelpunkt.

Bild aus der Produktion Planted Foods

Was für Techniken verwendet ihr in der Produktion?
Wir produzieren alle unsere Produkte in unserer Fabrik in Kemptthal im Kanton Zürich. Es ist die erste transparente Fleischproduktion, die der Öffentlichkeit zugänglich ist, weil wir in einem Glashaus arbeiten. Kommt gerne einmal bei uns im planted.bistro auf ein Mittagessen oder an einem unserer open.saturdays vorbei!

In unserer Produktion kombinieren wir die Extrusionstechnologie und die Fermentation. Die Extrusionstechnologie wird in der Lebensmittelindustrie seit den 1960er Jahren zur Herstellung von Snacks, Müsli oder Nudeln eingesetzt. Die jüngsten Innovationen im Bereich der Nassextrusion sind der Schlüssel zur zweiten Generation von Fleisch auf pflanzlicher Basis, denn sie ermöglichen es, pflanzliche Proteine, die auf mikroskopischer Ebene kugelförmig sind, in eine faserige, längliche Form wie tierische Muskelfasern zu bringen.  

Durch die Kombination von Extrusion und traditioneller Fermentierung kann Planted grössere, komplexere, saftigere und zartere Fleischstücke herstellen und wichtige Mikronährstoffe wie Vitamin B12 hinzufügen. Wir verwenden nur hochwertige Zutaten und setzen alles daran, durch ein perfektes Verfahren grossartig schmeckende Produkte herzustellen, anstatt Zusatzstoffe zu verwenden. 

Wie läuft die Produktentwicklung ab? Woher nehmt ihr eure Ideen?
Über 65 Mitarbeiter arbeiten bei Planted in den Bereichen Wissenschaft, Technik und Produktentwicklung.  Wir hinterfragen den Status quo – quasi aus Prinzip, und aus Liebe für Lebensmittel, der Umwelt und unserer Leidenschaft für die Wissenschaft. Unser Ziel ist es, pflanzliches Fleisch zu entwickeln, das durch kulinarisches und wissenschaftliches Know-how und Innovation perfekt auf die Bedürfnisse der Konsumenten*innen zugeschnitten ist. In Bezug auf Geschmack, Natürlichkeit und Gesundheit wird es immer schwieriger, die Ansprüche zu erfüllen. Traditionelle Ernährungsansätze werden mittel- bis langfristig nicht mehr ausreichen. Genau deshalb nutzen wir die Biologie als Inspiration, um das Fleisch der Zukunft zu schaffen.

Bild aus der Produktion Planted Foods

Welche tierischen Produkte wollt ihr unbedingt noch veganisieren? Darfst du schon Neuheiten ankündigen, die nächstes Jahr erscheinen? 
Wir konzentrieren uns momentan darauf unsere ersten grossen Fleischstücke, wie die Planted Hühnerbrust, weiterzuentwickeln und zu skalieren. Zudem arbeiten wir natürlich auch an weiteren Neuheiten wie eventuell einer Bratwurst.

Was ist dein Lieblingsprodukt von Planted?
Generell ist das sicher unser planted.pulled. Es ist das proteinreichste Produkt auf dem Markt. Die Kombination von Sonnenblumen, Hafer und Erbsen führt zu einem ernährungsphysiologisch sehr vielfältigen Produkt, das wahnsinnig saftig ist. Unser planted.pulled ist extrem vielseitig. Egal ob Salate, Wraps oder kräftigen Saucen, es gibt keine Anwendung, in der planted.pulled nicht brilliert. Toll an diesem Produkt ist vor allem auch, dass das Sonnenblumenprotein aus einem Abfallstrom der Sonnenblumenöl-Produktion stammt.

Bild aus der Produktion Planted Foods

Über welche Kunden-Feedbacks freust du dich am meisten?
Eigentlich über alle – egal ob positiv oder negativ. Konsumenten*innen Feedbacks sind einer unserer wichtigsten Datenpunkte in der Produkt(weiter)entwicklung. Ein professioneller Kundendienst ist daher unabdingbar und etwas worauf wir grossen Wert legen.

Die schönsten Rückmeldungen sind, wenn sich jemand meldet, der skeptisch war und dann positiv überrascht wurde oder wenn jemand ein neues Rezept mit einem Planted Produkt mit uns teilt.

Wird es eine Preisreduktion bei den Produkten geben?
Eines unserer wichtigsten Ziele ist es, auf Preisparität mit tierischem Fleisch zu kommen. Um die Masse zu erreichen und so einen Impact für die Umwelt zu generieren, ist der Preispunkt einer der Wichtigsten Hebel. Auch wir kämpfen natürlich mit steigenden Rohmaterialpreisen, versuchen diese jedoch wann immer möglich mit Effizienz wett zu machen oder übernehmen den Aufschlag selbst. In der Schweiz kämpfen wir zudem noch etwas mit dem Fakt, dass wir zum Beispiel auf pflanzliche Proteine aus Frankreich einen Zoll bezahlen, den wir beim Re-Export wieder zurückbekommen. So entsteht eine unschöne Preisdiskrepanz, an der wir jedoch stark arbeiten wollen.

Bild aus der Produktion Planted Foods

Bilder: © 2022 Planted Foods AG.

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