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Interview mit Susy Utzinger

Susy Utzinger (56) aus Kollbrunn widmet ihr Leben ganz klar dem Tierschutz. Das 25-jährigen Jubiläum der Susy Utzinger Stiftung für Tierschutz feiert sie am Sonntag, 7. September mit dem Tierschutzmarkt und über 20 Partnerorganisationen in der Bahnhofshalle des Hauptbahnhof Zürichs. Was für sie nachhaltiger Tierschutz bedeutet und wie es zur Stiftung kam, berichtet Frau Utzinger mir im Interview.

Woher kommt die Liebe zu den Tieren?
Die Liebe war schon immer da. Ich habe auch nie wirklich einen Unterschied gemacht zwischen Mensch und Tier.

Leben Sie vegan oder vegetarisch?
Aufgrund verschiedener Lebensmittelallergien noch nicht ganz. Ich würde gerne ganz vegan leben. Falls ich es mal offeriert bekommen, esse ich ein Stück Käse oder ein Ei. Meiner Meinung nach muss ich es mit mir ausmachen, ob ich ein Stück Käse esse und wie streng ich das lebe. Ich bin ganz fest der Meinung, dass das niemand etwas angeht. Ich finde aber die vegane Lebensweise selbstverständlich sehr gut. Bei mir wirkt sich das beispielsweise auch auf Kleidung und Schuhe aus, dass ich da keine tierischen Erzeugnisse verwende. Man muss es mal probieren und sich schlau machen. Es gibt so schöne Sachen. Es sollte kein Zwang entstehen, sondern man soll aufklären. Wenn jemandem dies dann einleuchtet und die Person das ausprobiert, ist dies meiner Meinung nach viel nachhaltiger, als wenn man Leute beschimpft und an den Pranger stellt. Aufklärung ist auch eine der Aufgaben von unserer Stiftung.

Wie kam es dazu, dass Sie eine Stiftung gegründet haben?
Ich war Journalistin und immer für den Fachbereich Tier und Tierschutz zuständig. Zusätzlich hatte ich auf TeleZüri und später Tele24 eine Tiervermittlungssendung, durch die ich immer viel mit Tierheimen Kontakt hatte. Ich bin immer wieder auf die gleichen Probleme gestossen. Die Probleme waren meiner Meinung nach lösbar, ich hatte aber weder die Kapazität noch das Geld gehabt, weil ich alles privat finanzierte. Durch die Gründung der Stiftung konnte ich das natürlich professioneller aufziehen und das läuft, so behaupte ich mal, auch recht gut.

Tierrettungen und Tierschutz sorgen oft für schlaflose Nächte, weil es im wahrsten Sinne des Wortes meistens um Leben und Tod geht. Wie gehen Sie damit um?
Das stimmt, man kann dann nicht sagen, gut ich verschiebe es auf nächste Woche. Wenn ich es jetzt nicht mache, dann ist das Tier tot. Mittlerweile sind wir sieben Mitarbeiterinnen à 560 Stellenprozent, haben Kolleginnen und ein grosses Team aus Freiwilligen, die uns unterstützen. Am Anfang musste ich mit dem Druck und der Kritik alleine klarkommen. Mittlerweile haben wir natürlich einen Ruf. Man weiss, dass wir eine seriöse Arbeit machen. So kann ich einzelne Projekte oder Aufgaben abgeben. Und das ist wirklich ein Segen. Ich mache keine Notfalldienste und keinen Nachtdienst mehr. Das mit dem Älterwerden ist halt tatsächlich Fakt. Ich kann nicht mehr einfach eine Nacht durcharbeiten oder permanent Tag und Nacht arbeiten. Ich bin sehr froh, dass wir jetzt professioneller aufgestellt sind und freue mich auch, dass ich mein Know-how nutzen kann.

Wie ist Susy Utzinger Stiftung für Tierschutz aufgebaut?
Grundsätzlich ist die Stiftung auf vier Pfeilern aufgebaut: Tierheimunterstützung, Kastrationsaktionen, Aus- und Weiterbildung sowie Aufklärung und Information. Nachhaltiger Tierschutz ist uns wirklich sehr wichtig. Aber auch in der Soforthilfe sind wir aktiv: Mittlerweile haben wir in vier verschiedenen Ländern sieben Tierwaisenhospitäler, wo erste Hilfe geleistet wird für verletzte und heimatlose Strassentiere oder Tiere von Menschen, die kein Geld haben. In der Schweiz und auch in anderen Ländern führen wir viele Kastrationen durch, bilden Fachleuten aus und klären Tierhalter auf. Die nachhaltige Tierschutzarbeit ist leider nicht so spannend für viele Leute, die sich nicht wirklich intensiv für Tierschutz interessieren. Aber uns ist es wichtig, eine konstante Veränderung zu bewirken.

Auf welche Zusammenarbeiten sind Sie besonders stolz?
Am Tierschutzmarkt sind über 20 Schweizer Partnerorganisationen eingeladen, die ihre Arbeiten präsentieren. Der Tierschutz soll in der Schweiz noch etwas bekannter wird. Die Leute haben das Gefühl, dass Tierschutz bedeutet ein Tierheim zu führen. Es gibt noch so viel mehr und es ist auch eine wichtige Arbeit. Zum Beispiel werden die Igelstation, der Grosstierrettungsdienst oder auch die Rehkitz-Rettung da sein.

Generell ist jeder Mensch wertvoll, mit dem man zusammenarbeitet. Ich finde es auch besonders, wenn in den ärmsten Gegenden, in diesem Fall Rumänien, wo die Leute teilweise wirklich unter ganz armseligen Bedingungen leben, zu uns kommen. Da war eine Frau mit ihrem Kätzchen im Körbchen, die so viele Kilometer gelaufen ist, damit sie das Tier zur Kastration bringen konnte. Als Dankeschön hatte sie noch ein Stück selbsthergestellten Käse dabei. Das finde ich sehr, sehr schön. Es ist für sie ein unglaublich viel grösserer Aufwand, als für uns hier einfach ins Auto zu steigen und zum Tierarzt zu fahren.

Welche Rettungsaktionen werden Sie nie vergessen?
Es gibt Situationen in der Schweiz, da will der Tierhalter eine teure Operation nicht bezahlen und das Tier lieber einschläfern lassen. Der Tierarzt will dies aber nicht, übernimmt das Tier und erbittet unsere finanzielle Unterstützung. Im Rahmen des Projekts «Sorgentierli CH» sammeln wir Geld und zahlen die Tierarztkosten. Der Tierarzt/die Tierärztin vermittelt dann das Tier weiter.

Bei «SaveMyLife» werden verunfallte Tiere im Strassenverkehr tierärztlich betreut, auch wenn die Besitzer noch nicht ausfindig gemacht wurden. Oftmals lehnen die Tierärzte ohne Besitzer eine Behandlung ab, was meiner Meinung nach eine ganz armselige Sache ist. Dieser Notfallfonds ist genau für solche Situationen da.

Ich bin jetzt gerade in Ungarn. Da haben wir 350 beschlagnahmte Tiere auf einem absoluten Horrorhof und das sind nur die Überlebenden gewesen.

Bei der Grosstierrettung gibt es sehr viele Fälle, wo die Nutztiere ins Güllenloch fallen. Teilweise muss, wenn die Tiere zum Beispiel auf der Alp verunfallen, der Helikopter eingesetzt werden (der Helikopter muss nicht eingesetzt werden, wenn Tiere ins Güllenloch fallen). Leider sind sogenannte Nutztiere in der Regel nicht versichert und wir übernehmen den grössten Teil dieser Rettungskosten.

Wie sieht ein normaler Arbeitstag aus? Gibt es diesen überhaupt?
Im Winterjahrhalbjahr sind wir November noch in Ägypten, aber sonst bin ich daran all die administrativen Sachen abzuschliessen und zu erledigen, wie die Buchhaltung, Budgetbesprechung oder Mitarbeitergespräche. Das ist dann eine Fleissarbeit, die halt auch gemacht werden muss, aber nicht meine Lieblingszeit. Wenn es hoch hergeht, wie jetzt im Rumänieneinsatz, dann laufen mehrere Anfragen parallel, Notfallgeschichten kommen rein und die verschiedenen Einsatzleiter im Ausland werden konsultiert. Wir sind natürlich sehr drauf bedacht, dass nichts schief geht und alles super vorbereitet ist. Je besser vorbereitet wir sind, desto mehr kann man vor Ort auch bewirken. Das sind dann verschiedene Projekte, die gleichzeitig laufen. Wir sind so gut aufgestellt, dass es läuft. Wenn das Projekt schon aufgegleist ist, kann das nachher sehr gut auch jemand anderes übernehmen. Ich muss nicht mehr überall dabei sein.

Wie werden die Menschen auf Ihre Stiftung aufmerksam?
Sie finden über die unterschiedlichsten Orte zu uns. Viele über Social Media oder über Kampagnen, beispielsweise wenn wir über die verschiedenen Gefahren für das Tier im Alltag informieren. Wir sind auch froh, dass die Medien diese Themen so gut aufnehmen. Zusätzlich haben wir eine physische Stiftungszeitung und einen Newsletter. Mein Buch „Heimatlos – Aus dem Tagebuch einer Tierschützerin“ ist ein Bestseller. Für das Jubiläumsjahr haben wir einen Podcast gemacht, wo Prominente aus dem Buch vorlesen und wir dies im Anschluss besprechen.

Sie sind seit 25 Jahren sehr erfolgreich mit Ihrer Stiftung. Geben Sie Ihr Wissen auch weiter an andere Tierschutzstiftungen?
Ja, das beinhaltet unser Pfeiler Aus- und Weiterbildung. Beispielsweise geht einer unserer Experten direkt zur Organisation und schaut vor Ort, was wie optimiert werden kann. Wir machen auch Seminare, so wird auch die Vernetzung gefördert.

Was wünschen Sie sich für die Zukunft?
Ich möchte mich vermehrt aus dem administrativen Teil zurückziehen, um mehr vor Ort für die Tiere im Einsatz zu sein.

Bilder: Susy Utzinger Stiftung für Tierschutz

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