Interview mit Una Szeemann

Una Szeemann (42) ist Künstlerin aus dem Tessin und lebt in Zürich. Eigentlich wollte sie alles anders machen als ihre Eltern und ging dann denselben Weg. Am 5. Mai beginnt ihre Ausstellung in der Kunsthalle in Winterthur. Wie sie sich inspirieren lässt und wo sie am liebsten einmal ausstellen möchte, verrät Una mir im Interview.

Bild von Künstlerin Una SzeemannWolltest du schon immer Künstlerin werden?
Meine Mutter ist Künstlerin und mein Vater war Kurator, so haben sie mich ich schon als kleines Kind zu Ausstellungen und in Museen mitgenommen. Für mich war das ein ganz natürliches Metier. Wohl aus rebellischen Gründen habe ich dann aber Schauspielerei in Milano studiert und zog danach nach Berlin. Ich habe mich dann schnell sehr begrenzt gefühlt in der Schauspielerei, weil du eigentlich nur ausführst und nicht das Stück erfindest. Somit hatte meine rebellische Phase eine kurze Zeitdauer und wenn man bedenkt, dass meine Eltern auch geschauspielert haben, war mein Weg genau derselbe wie ihrer (lacht). Vom Film geprägt, habe ich damals mit Video und Fotografie narrative Arbeiten in meiner Kunst verwenden. Für mich ist es sehr wichtig, dass die ausgestellten Objekte im Dialog stehen. Die Spannkraft dazwischen interessiert mich am meisten.

Gibst du dem Betrachter einen Hinweis, um was es bei dem Objekt geht?
Die Arbeit sollte einen klaren Weg geben. Aber dann sollen die Objekte eine eigene Geschichte kreieren können. Wenn schon alles zu Beginn klar ist, habe ich als Künstlerin irgendwie versagt. Die Kunst soll ja zum Denken anregen.

Am 5. Mai beginnt deine Ausstellung in Winterthur. Um was geht es dort?
Der Ausgangspunkt war die Pflanze Welwitschia Mirabilis, die nur in Namibia in der Wüste wächst. Deswegen bin ich extra nach Namibia gereist, um sie in ihrem natürlichen Habitat zu beobachten. Sie wächst knapp über den Boden und hat zwei Blätter, die sich teilen, sobald die Blätter den Boden berühren, verbrennt sie. Dieser Kreislauf von Leben und Tod ist faszinierend, aber die Pflanze wird 2000 Jahre alt. Sie erinnert mich sehr an den menschlichen Körper und das versuche ich in dieser Ausstellung zu zeigen.Bild von Künstlerin Una SzeemannWie wirst du inspiriert?
Die Inspiration ist sehr breit. Vielmals werde ich von der Literatur oder auch Fachliteratur inspiriert. Für diese Ausstellung habe ich Bücher von Anthropologen gelesen, wie Claude Lévi-Strauss oder Michael Taussig.

Kannst du nur davon leben?
Nein, ich unterrichte auch Kunst an der HEAD in Genf und in verschiedenen Hochschulen im In- und Ausland. Dies macht mir sehr viel Spass!

Was bedeutet es für dich, mit den Materialien zu arbeiten?
Ich habe eine Idee, die ich vermitteln möchte und dann such ich das richtige Material dazu. Meistens arbeite ich dann mit Materialien, mit denen ich noch nie gearbeitet habe und stehe dann vor einer neuen Herausforderung.

Weisst du immer schon zu Beginn, was es für ein Kunstobjekt wird?
Zuerst kommt das Informationensammeln über das Thema, das mich interessiert. Dann stell ich mir vor, was funktionieren könnte und anschliessend beginnt das grosse Ausprobieren. Zuerst mit Mustern, erst dann entwickelt sich die Form. Je nachdem wie viel Zeit ich habe, entstehen viele Prototypen, weil ich nie ganz zufrieden bin.Bild von Künstlerin Una SzeemannWas war ein schönes Kompliment, dass du für deine Kunst bekommen hast?
Mich freut es, wenn der Besucher sich eigene Fragen stellt und die Ausstellung etwas mit ihm macht.

Hattest du schon mal gar keine Ideen?
Nein, das ist mir noch nie passiert. Ich habe eher zu viele.

Mit welchen Materialien arbeitest du am liebsten?
Zum Beispiel mit Haaren, weil sie das einzige sind, dass uns nach dem Tod überdauert oder auch Kupfer, weil es ein sehr symbolkräftiges Material ist. In Winterthur werde ich durch eine Bewegung von meinem Körper eine chemische Reaktion auf dem Kupfer erzeugen. Ich mach das mit einer Flüssigkeit, die sich ins Kupfer ätzt. Was es genau für eine Zeichnung gibt, kann man im Voraus nicht wissen. Das gefällt mir sehr.Bild von Künstlerin Una SzeemannWas willst du mit deiner Kunst ausdrücken?
Ich möchte Spuren von unsichtbaren Phänomenen hinterlassen. Das war zum Beispiel bei meiner Ausstellung zu Hypnose, dass ich dieses Unbewusste vermitteln möchte. Dinge, die nicht sichtbar sind, auf meine Weise sichtbar zu machen.

Wo würdest du am liebsten einmal ausstellen?
Auf dem Vesuv.

Auf was freust du dich am meisten bei der kommenden Ausstellung?
Das ich fertig bin (lacht). Nein, im Ernst, man befindet sich so lange in dieser Welt und sie wird zur Obsession, dass ich dann froh bin, wenn ich sie loslassen kann. Das schönste ist für mich das Einrichten. Das ganze Chaos vom Atelier wird in diesem schönen Ausstellungsraum aufgestellt und meistens funktioniert es.

Was sind deine weiteren Projekte?
Ich habe noch diverse Ausstellungen in diesem Jahr und ein Künstlerbuch, auf das ich mich sehr freue.Bild von Künstlerin Una Szeemann

Bilder: Daphne Chaimovitz, Una Szeemann

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