Die polnische Schauspielerin Agnieszka Grochowska (40) spielt in «Wanda, mein Wunder» die Hauptrolle der polnischen Pflegerin. Das erste Mal seit der Corona Pandemie betrat sie ein Flugzeug und kam ans Zurich Film Festival um den Film vorzustellen. Welche Erinnerungen sie vom Dreh an der Goldküste in Zürich hat, was sie über das Thema des Films denkt und wie sie sich darauf vorbereitet hat, erzählte sie mir im angenehmen Interview.
Wie war es den Opening Film am Zurich Film Festival zu präsentieren?
Ich war sehr glücklich und fühlte mich privilegiert. Es war das erste Mal seit langem, dass ich in ein Flugzeug stieg. Es war ein grosser Event und ich habe mich so gefreut wieder in die Schweiz zu kommen. Ich habe super Erinnerungen an die Drehzeit letztes Jahr. Seit ich das Drehbuch gelesen habe, wusste ich das wird ein toller Film. Ich bin so stolz, dass wir den Film auf der Leinwand sehen können. Im Film geht es um ein sehr komplexes Thema.
Wie hast du von diesem Filmprojekt gehört?
Es war ein normales Casting. Ich war als eine Schauspielerin bekannt, die vielleicht Deutsch sprechen kann. Was auch stimmt, ich habe es in der Schule gelernt und in ein paar deutschen Filmen gespielt. Zu der Zeit war ich gerade an einem Set in den italienischen Alpen, irgendwo im Nirgendwo und ohne meine zwei Jungs. Ich habe dann Videos aufgenommen, um mich vorzustellen und erklärt, dass meine gegenwärtige Situation sehr ähnlich ist. Ich arbeite und bin ohne meine Kinder. Sie waren zwei und sechs, fast wie die Kinder im Film. Es war sehr witzig, weil ich die Szenen ohne Partner drehen musste. Also musste ich meine Handykamera platzieren, mir zum Beispiel vorstellen Martha sei mir gegenüber und mit ihr über den Lohn verhandeln. Es war wie ein Gespräch mit einem Geist. Ich musste meinen und ihren Text lernen. Und dann so tun, als ob ich ihr zuhöre, bis ich antworten konnte.
Was denkst du über das Thema?
Es ist ein sehr wichtiges Thema. Überall auf der Welt geben wir jemanden einen Job, aber bezahlen viel weniger als unseren Mitbürgern. Wir offerieren etwas, was wir selbst nie akzeptieren würden. Ich finde, das ist ein grosses Unrecht. Im Film machen wir keine Witze über die Charaktere, sondern wir kämpfen darum, dass sie real bleiben. Manchmal gibt es Situationen im Film, die völlig absurd sind. Diese Tragikomödie gibt es auch im alltäglichen Leben. Wir haben Vorurteile gegenüber Polen, Schweizer oder wem auch immer. Solange wir etwas ansehen, zuhören, diskutieren können, können wir verstehen, und wenn wir verstehen, haben wir ein Bewusstsein, dann können wir etwas verändern und diese Vorurteile und Grenzen überwinden.
Wie hast du dich auf die Rolle vorbereitet? Hast du mit Pflegerinnen gesprochen?
Ich habe Bożena Domańska getroffen, sie brachte das ganze Thema ins Rollen, weil sie vor Gericht ging. Bettina hat wohl den Dokumentarfilm «Die Karawane der Pflegerinnen» gesehen und entschied sich für dieses Thema. Ich konnte Bożena alle möglichen Fragen stellen und sprach viele Stunden mit ihr. Sie half mir auch, dass ich die richtigen Griffe anwendete bei der Pflege. Es war mir sehr wichtig, dass es echt aussieht. Sie nahm mich auch mit zu einer Pflegerin, die sich um eine ältere Frau kümmerte.
Was hat dich an deiner Rolle am meisten fasziniert?
Das Wanda kein Opfer ist. Zuerst war ich ein wenig besorgt, dass dies der Fall sein könnte. Als ich dann Bettina traf und sie mir sagte, dass sie auf keinen Fall ein Opfer will, war ich sehr erleichtert. Wanda schämt sich nicht, aber wenn man ihr zuschaut, ist der Zuschauer beschämt, wie man sie behandelt. Bettina überlässt die Bühne dem Publikum. Wanda trifft ihre Entscheidungen und wenn sie für Geld mit dem älteren Mann schlafen will, dann ist das so.
Es gibt so viele überspitzte, lustige und absurde Szenen, welche ist deine liebste?
Mir gefallen alle Szenen, in denen Andre mitspielt. Er ist beeindruckend. Er ist berührend, lustig und ernst zugleich. Zum Beispiel die Szene, in der er seine Tochter anschreit «Wanda gehört mir» und die Gabel mit dem Essen quer durch den Raum schmeisst. Aber ich mag alle Charaktere im Film, sie sind alle so verschieden.
Wie war die Atmosphäre am Set?
Sie war grossartig. Ich weiss, das wird oft gesagt, auch wenn es manchmal nicht stimmt. Ein Grund ist sicher, dass wir alle auch Theaterschauspieler sind. Dies ist wichtig, weil man auf der einen Seite sehr individuell und selbstbewusst ist, dann hat man keine Angst zu improvisieren oder vor Überraschungen. Auf der anderen Seite ist man sich gewöhnt in einem Ensemble zu spielen. Es war für mich eine einzigartige Erfahrung.
Bilder: © 2020 Filmcoopi AG, ©Andreas Rentz/Getty Images
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