Interview mit Corinne Rossi

Corinne Rossi (45) aus Zürich ist seit 15 Jahren Geschäftsleiterin der Praesens-Film AG. Zum 100-jährigen Jubiläum erzählt mir Corinne im Interview ihre persönlichen Highlights, den Umgang mit den Streaming-Diensten und auf was sie bei der Filmauswahl wert legt.

Bild von Corinne Rossi

Was ist dein persönliches Highlight der 100-jährigen Geschichte?
Ein einziges Highlight zu nennen, finde ich sehr schwierig. Ich bin sehr stolz, dass mein grossartiges Team und ich immer wieder Filmhighlights entdecken und das Schweizer Publikum damit begeistern dürfen. Zum Beispiel mit «The Artist», «La Famille Bélier», «Ma Vie de Courgette», «Call me by your Name», «Spotlight», «Das perfekte Geheimnis» und «Chantal im Märchenland». Wir geniessen grossartige Partnerschaften im In- und Ausland mit Lizenzgebern und Produzenten, welche uns dabei unterstützen. Dazu zählt unter anderem auch die Constantin Film in Deutschland. Wir haben einen grossen Respekt für das damalige Schaffen der Praesens-Film und die dabei entstandenen Filmschätze, welche wir stetig dem nationalen und internationalen Publikum in restaurierten Fassungen zugänglich machen. Ein weiteres Highlight ist der aktuelle Aufbau der Produktion bzw. die Entwicklung von neuen Inhalten.

Wie sieht dein Arbeitsalltag aus?
Dieser kann klassisch in unserem Zürcher Büro oder auch auf Reisen an Filmmärkten und Festivals auf der ganzen Welt sein. Dort führe ich Gespräche, um Filme auf Drehbuchbasis oder nach Sichtung einzukaufen.

Welche Filme haben eure Geschichte geprägt?
Da gibt es ganz viele. Hervorheben können wir den Aufklärungsfilm «Frauennot Frauenglück». Danach hat man den Aufruf zur «Geistigen Landesverteidigung» ernst genommen und Filme wie zum Beispiel «Fusilier Wipf» hergestellt und in die Kinos gebracht. Mit den Filmen «Marie-Louise» (1 Oscar), «The Search/Die Gezeichneten» (3 Oscars) und «Die letzte Chance» (1 Golden Globe) haben wir auch internationalen Ruhm erlangt. Mit «Heidi» haben wir den Nerv der Zeit im Sinne von der Schweizer Heimat Idylle getroffen und mit «Heidi und Peter» den ersten Schweizer Farbfilm geschaffen.

Auf welche Produktionen seid ihr besonders stolz und wieso?
Es sind vor allem die oben genannten Klassiker, die nebst den damaligen grossen Hausforderungen in der Herstellung, dann mit internationalen Preisen ausgezeichnet wurden und noch heute national und international vom Publikum immer noch sehr geschätzt werden.

Bild der Oscarverleihung MarieLouise 1946

Auf was legt ihr bei der Filmauswahl wert?
Wir legen grossen Wert darauf Inhalte zu finden, die das Publikum bewegen, sie in eine andere Welt abtauchen lassen und gemeinsam zum Lachen, Weinen, Nachdenken und Austauschen bringen.

Wie hat sich die Filmwelt aus eurer Sicht im Verlauf der Jahre verändert?
Die Basis bleibt die gleiche. Es heisst gute Inhalte zu entwickeln oder einzukaufen, welche das Publikum animieren, die Filme schauen zu gehen. Die Auswertungsmöglichkeiten haben sich über die Jahre verändert. D.h. wir können die Filme nebst dem Kino auch über TV-Stationen und VOD-Plattformen dem Publikum zur Verfügung stellen.

Was ist euer Erfolgsrezept?
Gemeinsam mit einem kompetenten Team mit der Zeit mitzugehen, sich rasch den neuen Gegebenheiten anzupassen, sich für diverse inhaltliche Themen zu begeistern, Herausforderungen mit Freude anzunehmen und unser Kulturgut mit grosser Sorgfalt zu pflegen.

Wie geht ihr mit der Streaming-Konkurrenz um?
Wir sehen die Streaming-Plattformen nicht als Konkurrenz, sondern als neue attraktive Partner für Filmproduktionen und Lizenzverkäufe.

Auf was freust du dich im Jubiläumsjahr am meisten?
Das Jubiläumsjahr neigt sich schon bald dem Ende zu. Festivitäten haben das ganze Jahr über stattgefunden. Besonders gefreut habe ich mich über die Vorführungen einer filmhistorischen Reihe, anlässlich der Solothurner Filmtage und die Retrospektiven in diversen Schweizer Kinos. Die Ausstellung im Landesmuseum Zürich «Close-up: Eine Schweizer Filmgeschichte», in Partnerschaft mit der Cinématèque Suisse, war ebenfalls ein grosses Erlebnis. Ein toller Anlass mit hochkarätigen Gästen war auch unsere Party im Rahmen des Zurich Film Festivals.

Was wünscht du dir für die kommenden 100 Jahre?
Mit unserer Arbeit das nationale und internationale Publikum im Kino sowie auf den neuen Medien auf verschiedenste Art und Weisen auch weiterhin begeistern zu können.

Bild des Teams der Praesens-Film AG

Bilder: Corinne Rossi, Praesens-Film AG

Keine Kommentare

Kommentar verfassen