Der schweizerisch-österreichische Schauspieler Max Simonischek (36) im Interview über seine Hauptrolle als Reformator Zwingli, die Dreharbeiten mit seinem guten Freund Anatole Taubman und seine Botschaft, die er mit diesem Film vermitteln möchte.
Das Interview mit Max war insofern einzigartig, weil ich mit ihm schon vorher auf Instagram Kontakt hatte. Ihm dann meine Fragen persönlich zu stellen, war super toll. In den zehn Minuten erlebte ich ihn als sehr wortgewandt und humorvoll – was soll ich sagen, die Zeit war viel zu kurz.
Warum wolltest du den Zwingli spielen?
Es war eine gute Gelegenheit den Begriff «Zwingli» oder «zwinglianisch» neu zu reformieren (grinst). Ich habe festgestellt, dass es doch eine Menge Vorurteile oder ein bestimmtes Bild von Zwingli in der Gesellschaft gibt. Für mich war Zwingli vorher kein Begriff, weil ich eher mit Luther aufgewachsen bin in Deutschland. Ich war überrascht, was es für Differenzen gibt zwischen dem, was ich über Zwingli gelesen oder im Gespräch mit Historikern erfahren habe, und was die Leute für ein Bild von ihm haben. Zwingli steht für Pünktlichkeit, Gewissenhaftigkeit und Arbeit, Arbeit. Ich habe aber herausgefunden, dass er sieben Instrumente gespielt, gern getrunken und sicher vier Kinder gehabt hat, wenn nicht noch mehr – eigentlich war er ein Lebemann. Für mich war es eine Chance eine andere Seite von Zwingli zu zeigen und auch sein Bild nachhaltig zu verändern.
Bist du religiös?
Ich bin nicht einmal getauft und relativ unreligiös erzogen worden. Ich ging schon in den Religionsunterricht, aber ich kenne mich nach diesem Projekt sicher mehr in der Bibel aus als vorher. Ich habe auch eher den Zugang zu Zwingli über seine gesellschaftspolitische Relevanz gefunden. Die Aufgleisung von Reformen, Gleichberechtigung, eigenständiges Denken, das ja bis heute Spuren hinterlassen hat und von dem wir jetzt noch profitieren. Für mich war er eher ein Revolutionär als ein Reformator.
Was war die grösste Herausforderung?
Mich in dieses religiöse Denken und den Zeitgeist zu versetzen. Wir können uns heute gar nicht mehr vorstellen, unter welchen Zwängen Zwingli gearbeitet hat, wie schwer es war seine Gedanken und Visionen zu verfolgen und welche gesellschaftlichen Widerstände er überwinden musste. Das ist sehr fern von uns, wo jeder eigentlich machen kann, was er will.
Welches ist deine Lieblingsszene?
Ich finde alle Szenen mit Leo Jud geben diesem Film eine gewisse Frische, weil Anatole und ich durch unsere Freundschaft aus dem Vollen schöpfen konnten. Diese Szenen habe ich sehr gerne gespielt. Sonst aber alle emotionalen Szenen, in denen man sich verlieren kann, wie die Disputation und die erste Predigt.
Wie war es mit Anatole zu drehen?
Ich habe ihn sehr, sehr gern. So Typen wie er sind eigentlich vom Aussterben bedroht. Ein Paradiesvogel mit guter Energie. Beim Dreh bin ich eher ernst und er nimmts so locker und freudig, was mir sehr gut tut.
Was ist deine Botschaft, die du mit dem Film vermitteln möchtest?
Wir haben schon darüber geredet, dass es gilt ein neues Zwingli-Bild zu etablieren. Ich finde die Konsequenz, mit der er seinen Gedanken und Visionen nachgeht, beeindruckend. Das möchte ich mir gerne von ihm abschauen. Grossartig sind auch das Zusammengehörigkeitsgefühl und das Interesse am Gegenüber, die menschlichen Werte, für die er eingestanden ist. Ich finde es wichtig, dass wir uns die wieder präsent rufen. Wenn ich mich umschaue, habe ich das Gefühl, dass die immer mehr verloren gehen. Jeder funktioniert in so einer Art «Ich AG» und ist mit seinem Handy beschäftigt. So eine Person wie Zwingli, würde uns heute auch gut tun.
Was unterscheidet diesen Film von anderen, in denen du gespielt hast?
Die Bedeutung dieser historischen Figur Zwingli ist für die Schweiz und auch gerade für Zürich, als so eine Art Übervater, schon sehr markant. Ich glaube auch, dass ich noch nie in einen Film gespielt habe, der so weit in der Vergangenheit zurückliegt. Jeder hat schon eine Meinung zu dieser Figur und du setzt dich unglaublich stark dieser aus. Jeder Zuschauer kommt mit seinem Bild über den Zwingli in den Kinosaal und geht mit einer Haltung – entweder ja oder nein – wieder heraus. Das wird sicher sehr polarisieren.
Deine Eltern sind beide auch Schauspieler, gab es für dich überhaupt einen anderen Beruf zur Auswahl?
Sicher, ich habe viele Praktika gemacht zum Beispiel bei der Zeitung. Ich glaube die Tatsache, dass meine Eltern den Beruf auch haben, führte umso mehr dazu, dass ich mir genau überlegt habe, ob ich das auch machen will. Es ist nicht alles rosa, vor allem, wenn du Krisen hast, die ja unausweichlich sind. Die kommen auch unabhängig, ob du Erfolg oder zu tun hast. Spätestens dann musst du genau wissen, warum du diesen Beruf machen willst und dir die Frage wieder neu beantworten.
Wie war es mit deiner Mutter zu drehen? War es das erste Mal?
Es war das erste Mal in einem grossen Film und unromantischer, als man es gerne hätte. Der Dreh war, wie mit jedem anderen Kollegen. Das Schöne ist, dass man in der Mittagspause dann vertraut über die Szenen reden kann. Ich vertraue auch voll und ganz auf ihr Urteil. Durch die Drehzeit haben wir uns sehr viel gesehen, was das Schönste war.
Wir werden informiert, dass ich nun zur letzten Frage kommen soll.
Besteht als Schauspieler nicht die Gefahr, sich selbst in all den Rollen zu verlieren?
Das sind eigentlich drei Fragen (lacht). Wenn man jung ist, ist diese Gefahr viel grösser, weil man die Aufmerksamkeit nicht einordnen kann. Mit einem gewissen Alter, verstehst du viel mehr, wie das Leben läuft und dass du nicht der Mittelpunkt von allem bist, auch wenn man dir das manchmal suggeriert. Natürlich geht man schwanger mit der Figur, aber schlussendlich ist es ein Beruf. Du bekommst ein Handwerk in der Ausbildung und weisst relativ genau, was du machen musst, um ans Ziel zu kommen und kannst dann auch wieder aus der Rolle aussteigen. Deswegen verliert man sich eher während der Drehzeit in der Gruppe, weil man die ganze Zeit an einem Ort zusammen ist, weg von zuhause und sich so auf den Dreh fokussiert, dass alles andere in den Hintergrund gerät.
Schon war das Interview vorbei. Schauspielerisches Können zeichnet sich für mich in der Wandelbarkeit und dem Transportieren von Emotionen aus. Wenn du «Zwingli» siehst, wirst du schnell merken, was ich mit Emotionen transportiere meine. Ich wurde richtig mitgerissen von Max Darstellung des Zwinglis. Zuerst der Enthusiasmus, den er als Zwingli verkörperte, als die Reformationsbewegung begann und als der Krieg nahte auch zwischen Hoffen und Bangen war. Grossartig gespielt!
Bilder: © Jeanne Degraa, © Ascot Elite Entertainment Group. All Rights Reserved., Daphne Chaimovitz
Keine Kommentare