Schriftsteller und Drehbuchautor von «Wolkenbruch» Thomas Meyer (44) aus Zürich spricht im Interview über Parallelen von ihm zur Figur Motti, wie zufrieden er mit der Verfilmung seines Romans ist und ob es mit Motti weitergeht.
Ist es geplant den Film auch in Israel zu zeigen? Es wäre sicher auch sehr lustig für sie.
Ich habe da nicht wirklich Einfluss, bin aber gerade in Kontakt mit der Frau Kulturattaché in Tel Aviv. Eine alte Freundin von mir, die mich auch schon für eine Lesung nach Israel geholt hat. Hat mich recht empört gefragt, ob da nichts geplant sei und hat mir den Kontakt vermittelt.
Woher kam die Idee zu dieser Geschichte?
Natürlich hat mein jüdischer Hintergrund einen Einfluss, wie bewusst der war, sei dahingestellt. Die Idee des ganzen Wolkenbruchs kam daher, dass ich mich fragte, woher all die jüdischen Namen kamen. Ich habe dann herausgefunden, dass man die Juden gezwungen hat, deutsche vererbbare Namen zu tragen, als sie von Osten nach Westen geflohen sind. Sie konnten sich dann ihren Namen freikaufen und einen eigenen wählen. Dann habe ich mich gefragt, was ich mir aussuchen würde und kam auf Wolkenbruch. Das war natürlich noch kein Buch, sondern nur eine Idee. Ich fand es aber amüsant, über so einen Wolkenbruch etwas zu schreiben und hatte die Vision eines jungen, leicht ratlosen Mannes, der verheiratet werden sollte, aber sich in die komplett falsche Frau verliebt. Selbst das ist noch kein Buch.Wie war es die eigene geschriebene Geschichte auf die Leinwand zu bringen?
Ein grossartiges natürlich. Es war schon total lässig, dass das Buch so ein Erfolg hatte. Als dann noch die Filmfirma kam, es verfilmen wollte und ich das Drehbuch schreiben sollte, war noch besser. Wenn man dann beginnt, kommt auch schnell die Frustration hinzu, weil man von Null beginnen muss. Ich musste mir überlegen, was die Figuren in der jeweiligen Szene genau machen und was sie sagen. Im Buch wird nicht so viel geredet und gemacht. Es sind hauptsächlich seine Überlegungen und Beobachtungen, er gibt mehr wieder. Das war dann schwierig und auch all diese Hürden zu nehmen. Ein Drehbuch ist wie ein Buch eine Entwicklung. Da gab es zwischendurch Phasen, in denen ich wusste, das ist es nicht, aber wie es sein sollte, wusste ich auch nicht. Das nervte mich, aber auf eine positive Art, weil es eine Denkaufgabe ist, die man lösen möchte.
Würdest du wieder ein Drehbuch schreiben?
Ja, sehr gerne.
Ist eine Fortsetzung geplant von «Wolkenbruch»?
Zuerst schreibe ich mal einen Fortsetzungsroman von «Wolkenbruch», bevor ich eine eventuelles Fortsetzungsdrehbuch schreibe.Es gibt ja immer das Klischee, dass das Buch viel besser ist als der Film. Die Frage an dich als Schriftsteller, wie zufrieden bist du mit der Verfilmung?
Ich muss die Frage doppelt beantworten. Zum einen kann ich gar nicht zufrieden sein, weil es mein Buch und mein Drehbuch ist. Spätestens beim Schreiben des Drehbuchs hat man sehr klare Vorstellungen, wie es auszusehen hat. Man hat zu allem, was man schreibt eine starke Verbindung. Es ist nicht für irgendjemand anderen, sondern das eigene Werk. Dann gibt man es in andere Hände und die werden es interpretieren, was natürlich abweicht von den eigenen Vorstellungen. Dann ist man auch schon mal sehr verletzlich. Wenn man dies aber überwindet und akzeptiert, dann kann man sich wieder unbefangen dem Resultat nähern, mit dem ich sehr zufrieden bin.
Hattest du Angst, dass der Film das Thema einer Familienverstossung ein wenig verharmlosen könnte? Ich habe schon Dokumentationen gesehen, da war die Person dann ganz auf sich alleine gestellt und für die Familie gestorben.
Mir ist es bewusst, dass die Realität weitaus härter ist. Ich wollte, dass der Film ein offenes Ende hat. Es ist sowohl möglich, dass er sich versöhnt mit den Eltern, aber auch, dass es wieder kippt. Man kennt jetzt ja auch diese Mutter ein wenig. Es kann auch sein, dass er den Anruf von Laura annimmt. Das wissen wir nicht. Deswegen finde ich es nicht verharmlosend, weil man diese Möglichkeiten ins Spiel bringt. Verharmlosend wäre es, wenn man zeigen würde, es wird jemand verstossen, dann ist es doch nicht so und alles ist wieder super.
Inwiefern gibt es Parallele von deiner Mutter zur Mame im Film?
Das habe ich am Anfang weit von mir gewiesen, weil der Roman fiktiv ist und nicht autobiografisch. Als dann aber meine Mutter kam und mir sagte, sie hätte sich auf jeder Seite erkannt und all ihre Kollegen hätten gesagt, sie sei auch so dominant. Musste ich mir wohl eingestehen, dass es punktuell ein bisschen autobiografisch ist.
Gibt es auch Parallele von dir zu Motti?
Ja, scheint so. Eine Parallele ist sicher, dass Motti eine Art zu Leben gezeigt wird und Erwartungen an ihn gestellt, wie er zu leben hat. Motti merkt, dass er das Bedürfnis hat, sein eigenes Leben zu führen. Meine Eltern hatten auch klare Vorstellungen, wie ich mein Leben zu führen hatte. Als ich mich von der Uni abgemeldet habe, war es für sie ein Problem. Es hat dann nicht zur Unterstützung oder Interesse geführt, sondern zur Warnung und Untergangsszenarien. Das ist schon ein bisschen Motti.
Wie zufrieden bist du mit den Darstellern, die deine Romanfiguren verkörpern?
Top, top, top finde ich Motti. Ich finde ihn durch Joel Basman ideal besetzt und nehm ihm das voll ab. Stellenweise war er mir ein bisschen zu verzweifelt. Aber auch Inge Maux als Mame ist perfekt besetzt. Sie spielt das Herrische und Herzliche super: Solange du machst, was ich will, bin ich dir schon zugewandt, aber wehe (lacht).
Bilder: Daphne Chaimovitz, © 2018 DCM Schweiz
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