Interview mit Karoline Heling

Karoline Heling (35) aus Flensburg ist ausgebildete Ergotherapeutin und Heilpädagogin und leitet eine heilpädagogische Praxis in Flensburg. Seit 2019 arbeitet sie auch als professionelle Tierkommunikatorin und gründete Animails. Im Interview berichtet sie mir, wie die Tierkommunikation funktioniert, wie sie mit dem Erzählten umgeht und wie sie auf diese Art der Kommunikation gestossen ist.

Bild von Karoline Heling

Wie bist du zur Tierkommunikation gekommen?
Als Kundin. Ich war neugierig und liess eine Tierkommunikatorin mit meinen Katzen sprechen. Ich war sofort beindruckt und wusste, dass möchte ich auch können.

Was hast du für eine Aus- oder Weiterbildung gemacht?
Ich habe ein Jahr einige Kurse besucht, alle möglichen Bücher gelesen und mich dann aber für eine umfassende Ausbildung bei Catherin Seib entschieden. Ich ergatterte den allerletzten Platz in ihrer letzten Tierkommunikationsausbildung. Danach bildete sie nur noch «Pferdeflüsterer» aus. In dieser Zeit erfuhr ich, dass Amelia Kinkade einen Workshop in Zürich geben wird und ich meldete mich sofort an. Sie ist eine international bekannte Tierkommunikatorin und hat sogar mit dem englischen Königshaus zusammengearbeitet. Das Wochenende war einfach magisch. Ich habe dann so lange geübt bis ich sicher genug war. Geübt wird übrigens mit fremden Tieren (nur Foto, Name) über typische Interviewfragen. Man befragt die Tiere beispielsweise, wie ihr Schlafplatz aussieht, was sie zu essen bekommen, welche Farbe ihre Leine/Futterschüssel hat etc. Der Besitzer gibt dann zu den Details Rückmeldung. Und da man sonst keine Informationen zu dem Tier hatte, können die verifizierten Details besonders zu Beginn sehr ermutigend sein. Später geht’s dann aber nicht mehr um diese «Beweise», da wird über Wichtigeres gesprochen.

Wie funktioniert die Tierkommunikation?
Tierkommunikation ist ein telepathisches «Gedankengespräch». Ich erde mich, bringe meinen Geist zur Ruhe und verbinde mich dann über ein Foto mit dem Tier. Und dann geht’s auch schon los. Ich kann dem Tier Fragen stellen oder Dinge erklären und Botschaften vermitteln. Die Tiere antworten in Form von Gedanken, Bildern, Gefühlen und Sinneswahrnehmungen. Meistens erlebe ich es wie eine Art Kurzfilm. Ich kann mich ausserdem körperlich in die Tiere hinein fühlen und so Schmerzen oder Störungsfelder «fühlen». Dies geht jedoch nur, wenn die Tiere dies zulassen.

Bild von Karoline Heling

Wie viele Tiergespräche braucht es jeweils?
In einem Tiergespräch (ca. 0, bis 1 Stunde) kann der Kunde um die zehn Fragen stellen. Einige Kunden haben spezielle Anliegen oder ein Problem, sodass ich mit dem Tier versuche Lösungen zu erarbeiten, wenn sich Tiere untereinander nicht (mehr) verstehen. Ich befrage die Tiere, was ihnen helfen könnte und kann auch um konkrete Kooperation bitten. Ich bin immer wieder erstaunt, wie viel sich bereits nach einem Gespräch verändert. Möchte der Kunde noch weitere Dinge über sein Tier erfahren, zum Beispiel zur Vergangenheit, dann wird dies in einem weiteren Gespräch aufgegriffen. Ich habe auch Kunden, die ein bis zweimal im Jahr ihre Tiere «zu Wort» kommen lassen, um nichts zu verpassen.

Was macht sie für dich spannend?
Es fasziniert mich, dass die Entfernung keine Rolle spielt. Ich kann mit Tieren auf der ganzen Welt sprechen. Ausserdem kann es wirklich jeder lernen, der bereit ist zu üben und eine gewisse Demut mitbringt.

Wie ist es, mit den Tieren zu sprechen?
Jedes Tiergespräch ist anders. Es gibt gesprächige Tiere, die mir viele Informationen geben, so dass mein Notizblock vollgeschrieben ist. Dann gibt es auch zurückhaltende oder reservierte Gesprächspartner, mit denen ich erst einmal etwas «Small-Talk» betreiben muss, bevor ich ihnen ernstere Fragen stellen darf. Einige Tiere zeigen mir ganz deutlich, dass ihre hintere linke Kniescheibe immer herausspringt, und dann wiederum andere, die mir einfach ein grobes «Bauchweh» zeigen. Einige Tiere sind sehr fokussiert und glasklar in ihren Botschaften, einige so unkonzentriert oder einsilbig, dass ich sie immer wieder ins Gespräch zurückführen muss. Es kommt auch vor, dass ich während des Gesprächs weinen muss. Die Gefühle der Tiere fliessen dann einfach so durch mich hindurch. Dies geschieht u.a., wenn sie mir ihre Liebe zu ihren Menschen zeigen. Es gibt auch lustige Gesprächspartner, die mich zum Lachen bringen und sogar einige, die über mich oder meine Fragen lachen müssen.  

Bild von Karoline Heling

Wie gehst du mit den schlimmen Dingen um, die die Tiere dir erzählen?
Als professionelle Tierkommunikatorin lernst du, mit einer unerschütterlichen Präsenz in den Kontakt zu treten. Ich signalisiere den Tieren, dass ich alles aushalten kann. Es ist wie in meiner therapeutischen Arbeit mit Menschen. Empathie ist elementar, Mitleid hilft dem Tier im Gespräch nicht. Im Gegenteil, es blockiert eher. Ich habe schon einige Tiere gesprochen, die mir Sorgen zeigten und dann sagten, sie wüssten, dass diese Infos ihre Menschen belasten würden und ich solle lieber einige Informationen für mich behalten. Einige Tiere wollen gar nicht mehr zurückschauen, sie blicken lieber nach vorne. Schmerzen aus der Vergangenheit sind für einige leichter zu verarbeiten, als eine allgegenwärtige Ohnmacht im Zusammenleben mit ihren Menschen. Und auch die Sorgen um ihre Menschen (Krankheit, Stress) nimmt immer mehr zu.

Teilen die Tiere ihre schlimmen Erfahrungen mit mir, so habe ich gelernt dies in erster Linie zu wertschätzen. Ich sende ihnen all meine Liebe, Zuneigung und Dankbarkeit.

Schwieriger wird es für mich, wenn sich Tiere endlich öffnen, ganz klare Wünsche oder Sorgen teilen und der Mensch diese im Anschluss aus welchen Gründen auch immer ignoriert. Aber auch hier bleibe ich in meiner professionellen Präsenz und verdeutliche mir was meine Aufgabe ist. Ich dolmetsche. Der Kunde entscheidet. Ich spreche auch nur mit Tieren, deren Halter mich dazu beauftragen. Mit allen anderen Tieren gehe ich nicht auf diese Weise in Kommunikation. Es bringt ihnen einfach nicht viel, wenn sie mir ihre Sorgen oder Schmerzen mitteilen und sich dann niemand darum kümmert. Ich habe einmal diese Regel gebrochen und bitter bereut.

Ich liess mich von einer Frau überreden, die sich für eine Hündin zuständig fühlte, die aber bei jemand anderes lebte. Sie bat mich weinend mit der Hündin zu sprechen, sie versicherte, dass alles im Sinne der Hündin ablaufen und sie dafür sorgen würde. Als ich den Kontakt aufnahm, sagte die Hündin gleich «ich sterbe». Sie zeigte mir einen grossen Druck im Bauch und Schmerzen. Sie hatte aber ganz klare Vorstellungen von ihrem Sterbeprozess, sie brauchte noch Zeit und wollte ein paar Tage in Frieden Zuhause verbringen und sich auf das Sterben vorbereiten. Ich gab also alles so weiter, mit dem Rat zum Tierarzt zu gehen, um eine gute Schmerzmedikation für die Hündin zu bekommen. Ich erklärte, dass der Tierarzt die Hündin ganz sicher sofort einschläfern lassen wollen würde, aber dass man den Wunsch der Hündin unbedingt respektieren müsse und sie noch ein paar Tage Zuhause verwöhnt werden wollte. Dies wurde mir hoch und heilig versprochen. Einen Tag später erfuhr ich, dass der Tierarzt die Hündin sofort eingeschläfert hatte. Sie hatte zwei Liter Flüssigkeit im Bauchraum, das war der Druck im Bauch, den ich wahrnahm. Ich habe mich lange wie eine Verräterin gefühlt, da ich der Hündin ein Versprechen gegeben habe, aber ich habe auch aus dieser Erfahrung gelernt.

Bild von Karoline Heling

Nehmen Tiere nach dem Gespräch wieder Kontakt mit dir auf? Funktioniert die Kommunikation dual?
Nein, ich entscheide ganz bewusst, wann ich kommuniziere und wann nicht. Es kommt allerdings vor, dass ein Tier bereits ein paar Tage vor dem Gesprächstermin «anklopft» und loslegen möchte.

Fragst du nach einiger Zeit bei den Menschen nach, wie es dem Tier geht?
Ich frage selbst nicht nach, aber einige Kunden melden sich nach ein paar Wochen oder Monaten noch einmal. Darüber freue ich mich immer sehr.

Was waren eindrückliche Momente im Gespräch, die du nicht vergisst?
Oh, da gibt es so viele. Erst neulich sprach ich mit einer Hündin, die mir zeigte, wie sie den Wesenskern eines Menschen betrachtet, ohne sich von dessen Charaktereigenschaften, Fehlern oder Traumatisierungen ablenken zu lassen. Es ist etwas schwer zu beschreiben, aber dieser Einblick war sehr bereichernd. Ich staunte aber auch beispielsweise über ein Pferd, dass mir verriet, dass sein Mensch schwanger ist und einen Sohn gebären wird. Aber in besonderer Erinnerung habe ich das Gespräch mit meinem Kater Neo. Sein Mensch kam ins Pflegeheim, er lebte Monate alleine in der Wohnung und wurde dann von meiner Nachbarin zu sich geholt. Nach dem er eine Woche bei ihr lebte, bat sie mich um Hilfe. Er hatte in dieser Woche weder gegessen, noch getrunken oder die Katzentoilette benutzt. Er kauerte einfach unter dem Bett. Ich hatte noch nicht mal ein Foto, konnte ihn auch nicht sehen, also lies ich ihn mir beschreiben und sprach mit ihm. Er fühlte sich so schlecht, dass er lieber sterben als leben wollte. Er verstand das alles nicht. Ich erklärte ihm geduldig die neue Situation und auch was mit seinem Menschen geschehen war. Sie war inzwischen verstorben. Ich hiess ihn willkommen und bat ihn als Zeichen, dass er leben möchte, etwas zu essen, zu trinken und sich auch endlich zu entleeren. Zwei Stunden nach dem Gespräch begann er zu essen, zu trinken und aufs Katzenklo zu gehen. Da keiner mit ihm zurechtkam, nahm ich ihn schliesslich bei mir auf. Inzwischen sind wir beste Freunde. Ich bin mir nicht sicher ob er ohne das Gespräch noch leben würde. Vermisste Tiere, die mittels Tierkommunikation wiedergefunden werden, sind natürlich auch sehr eindrücklich und berührend.

Was wünschen sich die Tiere?
Die meisten Haustiere sorgen sich um ihre Menschen. Sie wünschen sich, dass ihre Menschen ausgeglichen, glücklich und gesund sind. Sie sind beunruhigt, wenn ihre Menschen Sorgen haben, erkranken oder ständig das Gegenteil von dem tun, was sie möchten. Sie wollen uns helfen, uns ermutigen und ins Hier und Jetzt einladen. Sie wünschen sich, dass die Menschen ihnen als gleichberechtigte Partner auf Augenhöhe begegnen. Sie wollen in keine Schublade gesteckt werden, gerne gefragt und an Entscheidungen beteiligt werden. Sie wollen uns inspirieren, herausfordern und uns Liebe schenken. Sie wollen uns lachen oder singen hören und uns bewegen sehen. Und vor allem wünschen Sie sich gegenseitiges Verständnis.

Bild von Karoline Heling

Bilder: ©Melina Mörsdorf Photography, Franziska Nehmer

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