Michael Schönhaus aus Basel ist Grafiker wie sein Vater und Inhaber von Studio54. Sein Vater Cioma Schönhaus fälschte im Zweiten Weltkrieg Pässe und rettete somit Hunderten von Juden das Leben.
Wie viel hat ihr Vater Cioma Schönhaus Ihnen von der Kriegszeit erzählt?
Als Kind bekam ich einiges mit, weil mein Vater Freunde und Bekannte hatte, die den Holocaust überlebten. Diesen Gesprächen hörte ich als sechsjähriger oft gebannt zu. Für mich war das sehr unheimlich. Mein Vater sagte mir aber immer wieder, dass es so etwas nie mehr geben werde. Er war nie ängstlich und so vertraute ich ihm.
Wie sehr haben Sie seine Geschichte und der Holocaust geprägt?
Das Fälschen der Pässe hat mich als Kind sehr beeindruckt. Bei Schulaufgaben half mir mein Vater im mit Tinte geschriebenen Schulaufsatz, Korrekturen mit Skalpell und Lösungsmittel zu machen. So musste ich nicht alles nochmals neu schreiben. Das fand ich natürlich toll, dass er das als Passfälscher konnte!
Weiss man, was aus der Familie Ihres Vaters wurde, die deportiert wurde?
Mein Vater hatte grosses Glück. Am Einfindungsort zur Deportation an der Lewetzovstrasse (steht heute ein sehr beeindruckendes Denkmal) wurde er, wie durch ein Wunder, wieder nach Hause geschickt, weil er schon zuvor bei Gustav Genscho, einer Rüstungsfabrik, gearbeitet hatte und dort auch weiterhin als junger Mann gebraucht wurde. Dort wurde er von seinen Eltern getrennt, sah sie somit das letzte Mal. Am 13.6.1942 wurden sie mit einem Transport nach Osten ins KZ Majdanek deportiert und ermordet.
Wie kam es zur Verfilmung der Geschichte Ihres Vaters?
Die Regisseurin Maggie Peren kontaktierte meinen Vater, weil sie das Buch den «Passfälscher» gelesen hatte und sich für dieses Thema interessierte. Sie besuchte ihn mehrmals in Biel-Benken und er erzählte ihr seine Geschichte. Er war ein sehr guter Erzähler! Sie erwarb später die Filmrechte des Passfälschers und begann mit dem Drehbuch. Zwischenzeitlich verstarb mein Vater im Alter von 93 Jahren. Er hat den Film leider nie gesehen, aber sicher tut er dies jetzt von da oben. Er würde sich bestimmt freuen!
Wird der Film Ihrem Vater gerecht?
Mein Vater war immer ein sehr positiver Mensch; seine unerschrockene und positive Art, durchs Leben zu gehen, rettete ihm damals das Leben. Diese Lebensphilosophie war sein Credo bis ins hohe Alter.
Wie finden Sie Louis Hofmann in der Rolle Ihres Vaters?
Louis Hofmann spielt meinen Vater ziemlich perfekt, obwohl er ihn ja nie getroffen hat und nur aus Erzählungen von Meggie Peren kannte. Das Überlisten des Nazi-Regimes spielt Louis Hofmann mit Leichtigkeit und Schalk, aber auch sehr glaubwürdig. Auf die Rolle hat er sich offenbar ganze sechs Monate vorbereitet. Es macht Spass, ihm zuzuschauen, mit welcher Schlitzohrigkeit er dem lebensgefährlichen Job als Passfälscher entkam.
Wie war es für Sie, den Film das erste Mal zu sehen?
Das war speziell, weil ich dauernd den vertrauten Namen meines Vaters im Ohr hatte, er dann aber doch anders aussah. Die Grösse des Kinos im Friedrichstadt-Palast Berlin verleihte dem eine zusätzliche Dimension. Ausserdem ist mein Neffe Joscha Schönhaus in einer kleinen Rolle im Film zu sehen. Er will Film-Schauspieler werden und ist zurzeit an der Schauspiel-Schule in Stuttgart.
Welche Botschaft ist Ihnen wichtig, die die Zuschauer mit nach Hause nehmen sollten?
Positiv durchs Leben zu gehen, nie aufzugeben und sich auf die heiteren Dinge des Lebens zu fokussieren. Hass ist ein schlechter Begleiter. Mein Vater war nie von Hass erfüllt, obwohl er allen Grund dazu gehabt hätte. Aber wachsam sollten wir heute mehr denn je sein!
Welche Szenen im Film haben Ihnen besonders gut gefallen?
Eindrücklich fand ich die Übergabe der Pässe bei Dr. Kaufmann, was sehr gefährlich war. Mit den ersten Pässen übergab Dr. Kaufmann meinem Vater eine Krawatte, falls er von der Gestapo erwischt würde. So wusste er, was er in diesem Fall tun musste …
Bilder: Michael Schönhaus, © 2022 Filmcoopi AG
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