Mir liegen die Tiere und Tierrechte sehr am Herzen. Aufgrund des Interviews mit Silvano Lieger von Sentience habe ich beschlossen, die beiden grössten Player auf dem Markt des Detailhandels – Coop und Migros – für ein Interview anzufragen. Sie teilen sich zusammen 80% des Marktanteils. Um es mit meinem Lieblingszitat aus den Filmen von Spiderman zu sagen: «With great power comes great responsibility». Deswegen nahm es mich wunder, was sie genau machen bzw. machen werden, damit es den Tieren in der Landwirtschaft besser geht oder wann die pflanzlichen Alternativen günstiger als die tierischen werden. Ich hätte gerne die Antworten der beiden Detailhändler gegenübergestellt, aber leider hat Migros nicht alle meine Fragen beantwortet.
Als Migros-Kind hat es mich schon ein wenig traurig gemacht, dass Migros nicht alle meine Fragen beantworten wollte. Hier die Stellungnahme dazu und meine Antwort:
Wir werden davon absehen, alle Ihre Fragen im Detail zu beantworten. Dies würden den Rahmen unserer Kapazitäten sprengen. Ausserdem sind die Fragen z.T. nicht beantwortbar, weil sie weit über die Rolle und Funktion der Migros als Detailhandelsunternehmen hinausgehen.
Wir stellen zudem bei der Mehrheit der Fragen fest, dass sie suggestiv formuliert sind. Wir glauben nicht, dass in diesem Fall ein offener, ausgewogener Dialog stattfinden kann.
Aus den oben genannten Gründen haben wir uns dazu entschlossen, Ihnen gebündelte Antworten zukommen zu lassen, welche immer noch sehr tief in die Themen gehen. Wie bereits am Telefon erwähnt, sieht die Migros davon ab, zu Themen, welche die ganze Branche betreffen, im Detail Stellung zu beziehen. Sie können sich diesbezüglich an den Branchenverband IG Detailhandel Schweiz wenden, bei dem die Migros Mitglied ist.
Meine Antwort darauf war: «Das ist schade, insbesondere, weil ich Ihnen mehr Zeit angeboten hatte, falls Sie sie benötigen. Das ist auch das erste Mal, dass bewusst Fragen nicht beantwortet wurden. […] Wenn Sie die Fragen gar nicht erst beantworten, kann gar kein Dialog stattfinden.»
Wann werden die Preise für die veganen Produkte günstiger als für die tierischen? Insbesondere, weil es ja ein Ziel von Ihnen ist, die Nachhaltigkeit zu fördern und dem Klimawandel Einhalt zu gebieten. Die Preise waren ja auch schon vor der Teuerung höher.
Die Migros hat einen Versorgungsauftrag und nimmt diese Verantwortung sehr ernst. Das bedeutet, dass sie ein Vollsortiment anbietet, bei dem alle Menschen in der Schweiz Produkte zu einem attraktiven Preis sollen einkaufen können.
Die Herstellung von veganen Produkten findet nach wie vor auf einer eher kleinen Skala – der Nachfrage entsprechend – statt. Zudem ist die Herstellung meistens aufwändiger und kostspieliger. Diese Punkte wirken sich auf den Verkaufspreis aus.
Trotzdem strebt die Migros auch bei den pflanzlichen Produkten an, das beste Preis-Leistungs-Verhältnis ihren Kundinnen und Kunden anzubieten. Trotz Teuerung, schwieriger Rohstoffbeschaffung, Krieg und Inflation versuchen wir grundsätzlich und wenn immer möglich gestiegene Kosten nicht an unsere Kundinnen und Kunden weiterzugeben.
Wir bauen zudem das Sortiment stetig aus und bieten so mehr Auswahl.
Sie sagen, dass Ihnen das Tierwohl sehr wichtig ist, dennoch gibt es immer wieder Skandale wie gerade bei Optigal. Wie kann denn das noch geschehen? Und was genau unternehmen Sie, wenn Sie darauf aufmerksam gemacht werden? Wird der Vertrag mit diesem Betrieb fristlos gekündigt?
Bezüglich grundsätzlicher Fragen zu Richtlinien in der Tierhaltung können Sie sich an das BLV wenden. Zur Haltung der vergangenen, eidgenössischen Abstimmung zur Massentierhaltungsinitiative können Sie sich bei der IG Detailhandel erkundigen.
Gemeinsam mit unseren Partnern hat die Migros in den vergangenen Jahrzehnten riesige Fortschritte in Sachen Tierwohl erzielt. Die Förderung des Tierschutzes ist für uns ein absolut zentrales Thema, für das wir uns sehr stark engagieren. So setzt sich die Migros selber für strengere Tierwohl-Richtlinien in der Nutztierhaltung ein. Unser Basissortiment bei Milch und Brot haben wir mittlerweile vollständig auf IP-Suisse umgestellt oder stehen kurz davor. Bei den Eiern verkaufen wir nur noch solche von Hühnern aus Freilandhaltung. Die Mehrkosten trägt dabei die Migros. Wir fördern gezielt den Absatz von Tierwohlprodukten. In den vergangenen Monaten haben wir – und werden dies weiter tun – die Anzahl von Labelprodukten deutlich gesteigert und insbesondere Bio-Artikel einem grösseren Personenkreis zugänglich gemacht.
Auch haben wir mit dem M-Check Transparenz in den Bereichen Tierwohl und Klima geschaffen. Somit ist dem Kunden auf einen Blick ersichtlich, wie das Produkt in diesem Bereich im Vergleich zum Gesamtsortiment abschneidet. Dadurch können sie selber entscheiden, wie nachhaltig sie ihren Einkauf bei der Migros gestalten möchten.
Die Migros wird allerdings davon absehen, ihre Kundinnen und Kunden zu bevormunden.
Wir halten fest, dass in den Micarnabetrieben die gesetzlichen Richtlinien eingehalten werden. Die Betriebe werden regelmässig von Dritten kontrolliert.
Durch unseren Einsatz und die vielen Projekte zugunsten des Tierwohls beweisen wir immer wieder aufs Neue, dass wir unsere Verantwortung wahrnehmen. Beispielsweise verkauft die Migros nur noch frische und gekochte Eier aus Freilandhaltung, die mindestens den IP-Suisse Standard erfüllen.
Mit einem stetig wachsendenden Sortiment von Label- und Mehrwertprodukten, deckt die Migros die Bedürfnisse ihrer Kundinnen und Kunden beim Tierwohl umfassend ab. Auf generation-m.ch/tierwohl finden Sie vertiefte Informationen dazu.
Die Geflügelprodukte von Optigal zum Beispiel garantieren Schweizer Herkunft und besonders tierfreundliche Haltung mit Aussenbereich. Optigal ist das klimaschonendste von verschiedenen untersuchten Produktionssystemen.
Selbstverständlich gibt es immer Luft nach oben und so werden wir auch in der Zukunft alles daransetzen, das Tierwohl auch in den kommenden Jahren weiter zu verbessern.
Jetzt Petition: Eine Migros ohne Qualzucht unterschreiben
Wieso verkaufen Sie Bio zu einem viel höheren Preis als Sie ihn einkaufen? Es würden bestimmt mehr Menschen Bio kaufen, wenn die Preise nicht so hoch wären.
Wer Bio kauft, erhält Produkte, welche unter strengen Richtlinien produziert wurden und durch einen viel aufwändigeren Herstellungsprozess gingen, als konventionell produzierte Produkte. Und zwar über alle Stufen: Beim Produzenten (mehr Platz, hochwertiges Futter, längere Lebenszeit), beim Verarbeiter (Zusatzleistungen wie bspw. externe Kontrollen) und auch wegen kleinerer Packungsgrössen (insbesondere bei Bio). Drum nochmal: Wer Labelfleisch kauft, erhält einen deutlichen Mehrwert in Zusammenhang mit mehr Tierwohl. Natürlich wirkt sich dies auch auf die Preise aus.
Gleichzeitig prüfen wir regelmässig auch bei Bio die Preise und konnten in diesem Zug in den letzten Jahren bei diversen Bio-Produkten die Preise senken. Die Migros möchte Bio allen zugänglich machen. Der Vorwurf, dass Bio-Preise bewusst hochgehalten werden, ist also nicht haltbar.
Das Gleiche gilt für den Vorwurf der hohen Margen: Auch wenn der Vorwurf der hohen Margen immer wieder kommt, wahrer wird er nicht. Sowohl im konventionellen als auch im Label- und Biobereich streben wir die Preisleistungsführerschaft an. Wir stehen in einem derart intensiven Wettbewerb mit anderen Detailhändlern, dass Kundinnen und Kunden überteuerte Produkte sofort erkennen und meiden würden. Daher ist es gar nicht möglich, mit Labelprodukten eine höhere Marge zu erzielen. Wir wären ganz einfach nicht mehr konkurrenzfähig.
Die Margen sind sowieso schon sehr dünn. Und trotzdem fördern wir mit Preissenkungen insbesondere im Bereich IP-Suisse und Bio gezielt den Absatz von Tierwohlprodukten. Es ist unser Ziel, Bio für alle erschwinglich zu machen. Die Produktionsart ist positiv fürs Tierwohl und für die Biodiversität, darum wollen wir sie fördern. In den vergangenen Jahren haben wir denn auch – und werden dies weiter tun – die Anzahl von Labelprodukten deutlich gesteigert. Auch haben wir mit dem M-Check Transparenz im Bereich Tierwohl geschaffen.
Ausserdem erinnern wir gerne daran, dass allgemein die Marge bei der Migros nicht zur Profitmaximierung dient, sondern es uns ermöglicht, einerseits Kosten und Aufwände zu decken und andererseits in die Weiterentwicklung von Dienstleistungen und Services für unsere Kundinnen und Kunden zu investieren.
Wie investieren Sie in die Alternative In-Vitro-Fleisch?
Wir sind diverse Kooperationen mit Startups und Unternehmen eingegangen um diesen Forschungszweig eng zu begleiten. Ausserdem haben wir zusammen mit den Unternehmen Givaudan und Bühler in Kemptthal bei Zürich den Cultured Food Innovation Hub gegründet, um die Entwicklung und den Marktanteil von Produkten aus kultivierter Landwirtschaft voranzutreiben.
Bilder: Migros-Genossenschafts-Bund, Tier im Fokus (TIF), Daphne Chaimovitz
Schade, dass sich die Grossverteiler derart scheuen, klar Stellung zu beziehen.
Gerade die Migros, die sich durchaus auch schon politisch engagiert hatte (zum Beispiel mit mit Ex-Libris gegen die Buchpreisbindung), schafft es nun nicht, Agrarsubventionen und die nicht eingepreisten externen Kosten für Tierprodukte als Grund dafür zu benennen, dass vegane Alternativen oftmals teurer sind.
Ich finde es auch sehr schade. Auch, dass immer die Konusment*innen als Begründung vorgeschoben werden.