Ulrich Eicken, Mibelle

Interview mit Ulrich Eicken von der Mibelle AG

Seit dem 11. März 2013 gibt es das Verkaufsverbot für Tierversuchs-Kosmetik in Europa. Als Tierschützerin stelle ich mir aber oft die Frage, was ist mit den internationalen Marken, produzieren die nur für Europa tierversuchsfrei? Auf was muss ich achten, damit ich wirklich keine solche Kosmetikfirmen unterstütze und wieso braucht es gar keine Tierversuche?Bild von Ulrich Eicken

Diese Fragen beantwortet mir Herr Ulrich Eicken. Er ist Product Safety Manager aus dem Bereich Forschung und Entwicklung bei der Mibelle Group, welche die Kosmetik- und Pflegeprodukte der Migros herstellt.

Hat die Mibelle schon vor dem Verkaufsverbot für Tierversuchs-Kosmetik in Europa auf Tierversuche bei der Herstellung verzichtet?
Die Mibelle AG hat seit ihrer Gründung 1961 noch nie Tierversuche durchgeführt oder in Auftrag gegeben, weder für Fertigprodukte noch für Rohstoffe oder andere Materialien.

Wieso braucht es gar keine Tierversuche für die Produkte von Mibelle?
Da die Produkte ja von Menschen verwendet werden, ist es sinnvoll, sie auch gleich an menschlichen Freiwilligen auf Verträglichkeit und Wirkung zu testen. Zusätzlich werden manchmal Tests an menschlicher Haut oder menschlichen Haaren durchgeführt. Dies setzt voraus, dass die Toxikologie (d.h. die möglichen schädlichen Wirkungen) der dafür verwendeten Rohstoffe bekannt ist. Dies wird jeweils sichergestellt, bevor unsere Testprodukte auf die Freiwilligen losgelassen werden.Bild aus der Mibelle Produktion

Wieso könnt ihr die Produkte aber nicht mit dem Siegel für tierversuchsfreie Kosmetik dem «Leaping Bunny» vermerken?
Das haben wir in der Vergangenheit in einigen Fällen getan. Das „leaping bunny“ (das Siegel von GoCrueltyFree International) erfordert aber, wie alle Label, einen ziemlichen Dokumentationsaufwand. Da seit 2013 Tierversuche in der EU generell für Produkte und Rohstoffe verboten sind, wollen viele unserer Zulieferer diesen Aufwand nicht mehr leisten. Ausserdem verstösst das leaping-bunny-Label gegen die EU-Claimsverordnung; es wirbt mit Selbstverständlichkeiten, da per Gesetz alle in der EU vermarkteten Kosmetika tierversuchsfrei sind. Schliesslich stellen alle diese Tierversuchs-Labels einen Kompromiss dar. Das leaping bunny beispielsweise vereinbart mit jedem Lizenznehmer ein Datum, ab dem Produkte und Rohstoffe nicht mehr am Tier getestet sein dürfen. The Body Shop beispielsweise hat dieses Datum auf 1990 festgesetzt; eine andere mir bekannte Firma hatte aber 2011 als Datum, womit die Tierversuchs-Freiheit doch sehr relativiert wird.

Wie kann man sichergehen, dass bei internationalen Marken keine Tierversuche gemacht werden für den Markt in Europa? Oder sollte man diese Marken generell meiden, weil sie einfach nur für Europa tierversuchsfrei produzieren?
Für den EU-Markt und ebenso für die Schweiz sind Tierversuche für Kosmetika und ihre Rohstoffe seit 2013 gesetzlich verboten. Wie oben schon erklärt, ist es aber ohnehin nicht sinnvoll, Produkte am Tier zu testen. Wenn überhaupt wurden die Rohstoffe in der Vergangenheit von den Zulieferern getestet und nicht von den Markenanbietern.Bild aus der Mibelle ProduktionOftmals setzen vor allem neue Labels auf vegane Herstellung ihrer Produkte, kommt das für die Mibelle auch in Frage?
Viele der von Mibelle entwickelten und hergestellten Produkte sind für Veganer geeignet. Wenn unser Kunde, der Produktinhaber (also z.B. die Migros), das wünscht, wird es auch ausgelobt. Es gibt eigentlich nur wenige für Kosmetika sinnvolle Stoffe, die von Tieren gewonnen werden. Das sind vor allem Bienenwachs, Seide und Keratin (aus Wolle).
Fazit: Es wird in der Kosmetikindustrie sehr wenig an Tieren getestet, höchstens noch einzelne Rohstoffe – und natürlich in China vor der Einfuhr. Die Produkte, die in der EU auf dem Markt sind, sind tierversuchsfrei. Viele Rohstoffe wurden nie am Tier getestet oder der letzte Tierversuch ist bereits zehn oder 20 Jahre her.
Wussten Sie übrigens, dass von der Schönheitsbehandlung Botox jede einzelne Produktions-Charge an Mäusen getestet wird, um zu bestimmen, ob sie eine wirksame oder sogar schon eine giftige Menge des Botulinum-Toxins enthält?Bild der Zoé Multi-Masking

Bilder: Mibelle AG, Daphne Chaimovitz

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