Der 23-jährige Schauspieler Pablo Caprez aus Zürich ist zum ersten Mal in «Soul of a Beast» auf Grossleinwand zu sehen. Dies gleich in der Hauptrolle des alleinerziehenden Vaters Gabriel. Was es für ein Gefühl war, sich selbst im Kino zu sehen, was er an seiner Rolle mochte und was ihm die Nominierung für den Schweizer Filmpreis als «Bester Darsteller» bedeutet, erzählt er mir gut gelaunt im Interview.
Die Geschichte ist ja recht verworren. Man weiss oft nicht mehr, was wahr ist und was nicht. Kam das schon beim Drehbuch lesen raus?
Ich habe das Drehbuch erst ein oder zwei Wochen vor Drehstart bekommen. Das war von Regisseur Lorenz Merz bewusst gewählt. Ich habe oft gar nicht gewusst, in welche Richtung sich die Geschichte entwickeln wird. Als ich das Drehbuch dann zum ersten Mal durchgelesen habe, hat sich schon herauskristallisiert, dass die Verschmelzung zwischen Wahrheit und Imagination stark rauskommt. Ich habe mich oft gefragt, auf was für einem Trip ist dieser Dude Gabriel eigentlich.
Was fasziniert dich an der Rolle des Gabriels?
Als erstes sicher, dass er ein junger, alleinerziehender Vater ist. Dies wird kaum in der Gesellschaft oder in Filmen thematisiert. Man findet ihn ganz einen netten Jungen, der dann aber eine immense Wut entwickeln kann, die in Gewalt resultiert. Diese Ambivalenz zwischen der grossen Liebe zu seinem Sohn Jamie und dem Hass gegenüber der Mutter von Jamie ist krass. Die Entwicklung zum Samurai hat mich auch sehr fasziniert.
Was magst du an Gabriel?
Das ist eine gute Frage. Ich mag an ihm, dass er Gefühle leben und zeigen kann. Diese Liebe zu seinem Sohn. Ich finde es mega cool, dass er so gut skaten kann, dass würde ich auch gern so gut können. Er hat auch diese Parallele zu mir, weil er manchmal nicht weiss, wohin die Reise geht. Zuerst etwas erleben muss, damit er weiss, was er will. Aber es ist eher so, was ich an Gabriel nicht mag. Und zwar sind es diese Wutausbrüche, die man von ihm in dieser Intensität nicht erwartet. Ich würde ihm wünschen, dass er sich mehr beherrschen kann.
Wurde es bewusst gewählt, dass der Sohn Jamie nicht spricht?
Ja, er hatte schon im Drehbuch keinen Text. Damals als dreieinhalbjähriger konnte er auch nur Albanisch und Englisch. Eigentlich hat er mit uns Schweizerdeutsch gelernt. Heute mit acht Jahren hat er eine richtige Zürischnurre.
War es sehr schwierig mit einem kleinen Jungen, der kaum Deutsch spricht, zu drehen?
Ich habe vier Geschwister und sechs Cousinen. So kam ich schon recht früh mit jüngeren Kleinkindern in Kontakt. Ich habe sehr viel Freude an Kindern und bin auch Fussballtrainier, dies hat mir bei Art (Jamie) sehr geholfen. Zwei Monate bevor der Dreh überhaupt begann, habe ich viel Zeit mit ihm verbracht und wurde ein Familienfreund. Seine Mama Shqipe hat enorm viel dazu beigetragen. Schlussendlich war die Zusammenarbeit mit ihm sehr einfach.
Du bist ja noch sehr jung, aber kannst du dir schon vorstellen, selbst Kinder zu haben?
Ja, es ist ein grosser Wunsch von mir, viele Kinder zu haben, weil ich das selbst bis heute sehr bereichernd finde mit meinen vier Geschwistern.
Das ist dein erster Kinofilm. Was war das für ein Gefühl, dich auf Grossleinwand zu sehen?
Es ist wie, wenn du bei deinem Vortrag mit ganz vielen Leuten im Publikum sitzt. Man muss sich sehr daran gewöhnen, aber ich hatte grosse Freude. Jedes Mal nehme ich wieder meinen Mut zusammen und schaue den Film mit den Zuschauern an. Es ist sehr gewöhnungsbedürftig, aber es macht mich auch stolz.
Du hast den Filmfestival Max Ophüls Preis als «Besten Schauspielnachwuchs» gewonnen. Morgen bist du für ein Schweizer Filmpreis als «Bester Darsteller» nominiert. Was bedeutet dir dieser Preis und die Nomination?
Ist gut, dass diese Frage gerade nach der vorherigen kommt. Die grösste Angst, die ich beim Schauspielern empfinde, ist das Feedback. Man offenbart ja seinen Kopf doch zwei auf zwei Meter. Ich empfinde es als riesengrosse Ehre, habe Freude und bin überwältigt, dass dies alles gerade passiert. Es ist eine super schöne Antwort, auf die geleistete Arbeit. Es waren strenge Monate und ich habe mich oft gefragt, ob es den Leuten gefallen wird. Ich habe es anscheinend doch nicht so schlecht gemacht (lacht).
Interview am Schweizer Filmpreis 2022 über die Nomination und den Gewinn als «Bester Darsteller» im Film «Soul of a Beast».
Welche Botschaft möchtest du, dass die Zuschauer mit nach Hause nehmen?
Wie fragil und schön das Leben ist. Wie stark und fest die Liebe gelebt werden kann und muss. Dass die Liebe für immer ist, und dass man dies auch als Zuschauer spürt. Schön fände ich, wenn man nach dem Film sein Leben betrachtet und sich fragt, was, wen und wieso liebe ich. Liebe ich genug fest und intensiv, um immer in den Momenten, wo es schön ist, zu leben. Mich macht am Film so traurig, wie fragil das Leben ist. Wenn man sich in einem Moment stark und lebendig fühlt und dann im nächsten alles vorbei sein kann.
Wieso sollte man den Film unbedingt im Kino schauen?
Diese Bildwucht und die Feinheiten im Ton wirken einfach mehr, als wenn man ihn auf dem Laptop oder Fernseher sieht. Wenn man den Film richtig erleben will und hineingesogen werden möchte, dann muss man ihn unbedingt im Kino sehen.
Was sind deine nächsten Projekte?
Da darf ich noch nichts verraten, nur dass ich gerade in zwei Casting-Prozessen bin und mich immer über Anfragen freue.
Bilder: © 2022 Ascot Elite Entertainment Group. All Rights Reserved., © Eduard Meltzer Photography All Rights Reserved.
Video: Daphne Chaimovitz
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