Die Schauspieler Max Simonischek (42), Rachel Braunschweig (56) und Stefan Merki (61) gehören zum Hauptcast des Films «Friedas Fall». Im Interview sprechen sie über die tolle Arbeit von Regisseurin Maria Brändle und die Botschaft des Films. Im Anschluss an das Interview fand die Weltpremiere am Zurich Film Festival statt.

Was war das Anspruchsvollste an der jeweiligen Rolle?
Max: Die Herausforderung für mich bei historischen Stoffen ist immer, sich davor zu hüten, den Sachverhalt mit der heutigen Aufklärung zu bewerten. Als Schauspieler geht es darum, sich eine Logik für eine Figur zu erarbeiten, die den zeitlichen und gesellschaftlichen Zwängen ausgesetzt ist. Da muss man dann seine Haltung zurücknehmen, in diesem Fall die Gleichheit von Mann und Frau vor dem Gesetz.
Rachel: Meine Figur funktioniert über das Handeln und das Nonverbale. Dies musste ich mir bewusst machen und auch auf verschiedenen Ebenen ausfüllen.
Stefan: Das interessante an meiner Figur Walter Gmür ist, dass er auch eine Entwicklung durchlebt. Für mich war die Herausforderung, dass die Zuschauer auch die einzelnen Schritte mitbekommen und nachvollziehen können. Ich bin gespannt, auf die Zuschauerrückmeldungen diesbezüglich.

Ich fand es spannend und es hat mich auch verwundert für jene Zeit, dass sich die beiden Herren Walter Gmür und Arnold Janggen von ihren Frauen auch was sagen liessen.
Rachel: Das ist, weil sie ihre Frauen so lieben.
Max: Die Aufwertung der Frau ist Drehbuchautorin und Regisseurin Maria Brändle ganz clever gelungen. Die Frauen werfen das Moderne in die Waagschale und geben die Initialzündung auch Partei für Friedas Schicksal zu ergreifen. Aber das stimmt auch, was du gesagt hast Rachel.
Stefan: Es war auch zu vielen Zeiten so, dass die Frauen die Familien geleitet haben. Vielleicht wurde dies nicht so nach Aussen gezeigt, aber sie mussten alles im Griff haben und die Verantwortung für alles, was das Zuhause betraf übernehmen. Die Männer hatten die gesellschaftlichen Verpflichtungen, aber die Frauen haben sich gerade in der Familie immer behauptet.
Rachel: Gerade in der Beziehung zwischen Walter und Erna haben wir immer gesagt, dass es eigentlich eine moderne Beziehung ist. Vielleicht auch, weil sie kinderlos waren und sich damals dafür rechtfertigen mussten. Dass sich die Beiden auf Augenhöhe begegneten, machte es Erna überhaupt möglich, aktiv zu werden.
Stefan: Ich finde es auch gut, dass man diese Frage stellt. Dies gibt dem ganzen Film auch Aktualität. Wir bekamen verschiedene Drehbuchfassungen mit. Maria hat dies dann reingebracht, was das Ganze viel spannender und komplexer macht.
Rachel: Erna übertritt auch klar Grenzen, riskiert viel und bringt das Gmür-Haus auch in Verruf. Das Wissen und die Erfahrung um ihre Beziehung geben ihr aber das nötige Vertrauen, dies zu tun.

Wie waren die Dreharbeiten gerade, weil es auch ein schweres Thema ist, ähnliches auch heute passiert und oft an Originalschauplätzen gedreht wurde? Habt ihr nach Drehschluss noch darüber gesprochen oder euch bewusst ganz anderen Themen gewidmet?
Max: Ich bin immer hoch zu den drei Weihern gegangen und habe mein Feierabendbier mit Blick über die Stadt getrunken. Das war sehr schön. Mich hat das Thema dann nicht über den Arbeitstag hinaus runtergezogen. Ich suche dann eher nach einem Ausgleich.
Rachel: Wir haben im Sommer gedreht und es war sehr heiss. Ich kann mich erinnern, dass Julia und ich mit unseren Kostümen mal in der Mittagspause so gut es ging in einen Weiher gelegen sind. Wir hatten auch lange Drehtage. Aber wir hatten ein sensationelles Team! Wir haben sehr unterstützend zusammengearbeitet und jeder gab 100 Prozent.
Stefan: Für mich war es ein sehr schöner Dreh und wir haben immer probiert alles noch zu optimieren. Es war eine ruhige Atmosphäre am Set. Wir wollten am Abend eigentlich immer noch etwas trinken gehen, aber durch die ganze Thematik und die Intensivität waren wir dann immer zu müde.
Max: Maria hat diese Gangart des Miteinanders wirklich vorgegeben. Ich werde nicht müde, diese Frau zu loben. Es ist selten, weil sie diesen ganzen Druck von der Produktion komplett von uns weggenommen hat. Wir hatten viel längere Tage als ursprünglich geplant, trotzdem war die Stimmung so gut. Das lag daran, dass das gesamte Team zum einen hinter der Sache, aber auch hinter Maria als Person und Regisseurin stand. Maria hat es geschafft, durch ihre Art und wie sie mit den Menschen umgeht, die Leute hinter sich zu stellen. Dafür bin ich sehr dankbar und auch die Schweiz kann sehr dankbar für die Regisseurin Maria Brändle sein.
Rachel: Da kann ich mich nur anschliessen. Sie hat es gerockt. Es war ihr erster Langfilm und sie hat dies sensationell gemeistert.
Max: Ja, dafür soll sie gerade in der Schweiz, die eher mit dem Lob geizt, anerkannt und gefeiert werden. Dann war sie ja auch für den Film «Ala Kachuu» noch für den Oscar nominiert.
Was sollen die Zuschauer mit nach Hause nehmen?
Rachel: Max jetzt kannst du deinen tollen Satz bringen.
Max: Der Film ist der ernsthafte Versuch einer Auseinandersetzung mit der Komplexität unserer Demokratie.
Rachel: Sensationell! Meiner Meinung nach, muss auch immer die Sachlage differenziert betrachtet werden. Auch wenn man glaubt, etwas zu wissen, mehrmals mit Empathie, einem gewissen Verständnis und Liebe für das Gegenüber hinschauen. Vielleicht gibt es dann kein wirkliches richtig oder falsch.

Bilder: ©Julia-Wrobel_for-ZFF, ©Jonas-Wiemann_for-ZFF, ©Joshua Sammer (Getty)_for ZFF
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