Die deutsche Schauspielerin Nilam Farooq (33) aus Berlin spielt in der ersten Schweizer Netflix-Koproduktion «Early Birds» die weibliche Hauptrolle Anika. Im Interview berichtet sie mir, wie es ist zum ersten Mal in der Schweiz zu drehen, wieso Annika eine kleine Bitch ist und was sie an diesem Film besonders mag.
Was hat dich an der Rolle der Anika fasziniert?
Ich schaue immer auf zwei Sachen, wenn ich Projekte zusage. Zum einen schaue ich auf die Rolle an sich. Zurzeit bin ich in der guten Lage, dass ich als Schauspielerin viel machen darf und wähle Rollen, die mir sonst vielleicht nicht angeboten würden. Wenn der Charaktertyp erst mal oberflächlich scheint und dann aber sehr viel Tiefe über die Geschichte bekommt, wie jetzt bei Anika, sage ich gerne zu. Der zweite Punkt sind die Umstände. Ich habe noch nie in der Schweiz gedreht und Regisseur Michi Steiner ist eine komplett eigene Welt. Mich freut es sehr, dass wir hier einen Frauenpower-Film erzählen. Zwei weibliche Hauptrollen in einem Thriller gibt es leider nicht so oft.
Was darfst du über deine Rolle verraten?
Ich spiele Anika, die auf den ersten Blick aus einer sehr edlen Welt kommt, oberflächlich wirkt und wenig achtgibt auf ihre Umwelt. Eine distanzierte und emanzipierte Frau. Dies verändert sich natürlich über den Film. Warum, das werden wir erfahren.
Was magst du an Anika am liebsten?
Anika ist eine kleine Bitch, aber doch lieb. Es gibt dann natürlich die grosse Erkenntnis über sie. Das Gegenteil von dem, was man gedacht hat. Dies ist eine grosse Veränderung. Ich weiss nicht wirklich, ob ich das an ihr mag, aber ich finde es spannend, diesen Wandel zu sehen.
Nach welchen Kriterien entscheidest du dich für eine Rolle?
Habe ich es schon gespielt oder nicht. Sobald ich etwas lese, habe ich sofort ein Gefühl dazu. Es kann sein, dass ich die Handlung der Figur komplett nachvollziehen und mich damit identifizieren kann. Dies ist gefühlt einfacher. Mittlerweile reizt es mich mehr, herauszufinden, weshalb eine Person zum Beispiel so drauf ist und dem auf den Grund zu gehen. Ich glaube nicht daran, dass ich eine andere Person werde, überall bleibe ich ein bisschen in der Figur. Aber ich versuche so weit wie möglich weg von der gespielten Figur zu sein.
Wie war der Casting-Verlauf für dich?
Das war interessant. Michi war von Anfang an beim Casting dabei. Viele werden lachen, aber die Sprache war für mich die grösste Hürde. Michi redet wahnsinnig schnell, denkt sieben Sachen gleichzeitig und ich dachte so, oh Gott so reden alle Schweizer. Ich sass beim Casting und habe gehofft, an den richtigen Stellen die richtigen Fragen zu beantworten, weil ich mehr oder weniger geraten habe (lacht). Ich habe dann aber schnell gemerkt, dass nicht alle so schnell sprechen und ich direkt das Extrem kennengelernt habe. Im Casting habe ich gemerkt, dass Michi ein wahnsinnig Kreativer ist und wirklich ein Schauspieler-Regisseur. Er hört sich immer alle Ideen an, egal wie festgefahren seine Meinung eigentlich ist. Das schätze ich sehr und werde ich bei anderen Drehs vermissen.
Du drehst zum ersten Mal in der Schweiz. Gibt es grosse Unterschiede zu Deutschland?
Der Unterschied ist jetzt nicht wahnsinnig gross. Klar, ist alles ein bisschen kleiner. Es sind vielleicht 10 bis 15 Leute weniger am Set als in Deutschland. Der grösste Unterschied ist, dass es am Set meistens keinen Cateringwagen gibt und die Produktionsfahrer gleichzeitig auch die Aufnahmeleiter sind. Sonst ist alles gleich, die Leute kennen die gleichen Begriffe, das Bild sieht gleich gut aus (lacht).
Das ist deine zweite Netflix-Produktion, gibt es da Unterschiede im Vergleich zu anderen Drehs?
Für mich als Schauspielerin überhaupt nicht. Ich habe nur gemerkt, dass das Feedback anders ist. Man bekommt viel mehr Zuschauerreaktionen, weil der Klick von Netflix zu Instagram zum Beispiel viel schneller geht, als wenn es ein reiner Kinofilm wäre. Zum einen ist das toll, zum anderen auch schade, weil ich das Kino sehr liebe.
Dieser Film erscheint ja am 12. Oktober im Kino und im Frühling 2024 auf Netflix sowie oneplus.
Genau, das finde ich auch super. Gerade dieser Film lohnt es, sich zweimal anzusehen. Wir haben so kleine Eastereggs gelegt, die man dann beim zweiten Mal entdeckt. Deswegen ist mein Wunschtraum zuerst im Kino den Film sehen und dann ab auf Netflix.
Wie ist es mit den anderen Schauspielern am Set?
Ich überlege gerade, mit wem ich schon alles gedreht habe. Natürlich mit Silvana. Ich war damals schon gesetzt, als wir das Casting für die zweite Rolle gemacht haben. Ich finde es so schön, dass jemand diese Chance nach dem Studium bekommt, mit der ersten Schweizer Netflix-Koproduktion in den Beruf einzusteigen! Mega! Ich mache das schon 15 Jahre und jedes Mal, wenn sie sich so freut über eine neue Erfahrung, erinnere ich mich an mich damals. Ich sage ihr immer, sie soll sich diese Freude beibehalten. Ich habe zwölf Jahre gekämpft, um dahin zu kommen, wo ich jetzt bin. Ich finde es einfach toll, wenn man ihr diese Chance gibt und sie macht es auch toll.
Anatole kannte ich noch nicht persönlich. Er ist so «Open Arms», ein Schatz. Mit Burak habe ich schon öfters gedreht.
Am Set wird Hochdeutsch gesprochen oder kannst du mittlerweile Schweizerdeutsch?
Das würde ich beides nicht behaupten (lacht). Wir treffen uns irgendwo in der Mitte. Wenn eine Diskussion intensiv wird, dann switcht man, das ist ganz normal. Michi spricht dann noch mehr Schweizerdeutsch und alle passen sich an. Mittlerweile sage ich «Stopp, könnt ihr bitte Hochdeutsch sprechen, es geht mich auch was an.»
Was für eine Botschaft sollen die Zuschauer mitnehmen?
Es ist immer schwierig, weil ein Film unabhängig von der Handlung oft die gleichen Dinge erzielen soll. Er soll emotional sein und zum Nachdenken anregen. Wir machen nicht unbedingt ein Educational Film, bei dem man eine Moral mitrausnehmen soll. Er soll ans Herz gehen, zeigen, dass Frauen Action können und unterhalten.
Bilder: ® Rene Lohse, © 2023 Ascot Elite Entertainment. All Rights Reserved.
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